ie Sterne überlassen wir den Kindern, die in der Abenddämmerung mit glänzenden Augen und leuchtenden Laternen in den Händen ihre Lieder anstimmen — jedes Kind ein Sternlein, das Licht hinausträgt, in die dunkle Welt.
Laternen leuchten für gewöhnlich, wenn es dunkel ist, denn das ist schließlich ihre Aufgabe: Licht ins Dunkel zu bringen.
Um so mehr fühlte ich mich heute gestört, am helllichten Tag die Straßenbeleuchtung brennen zu sehen. Ein Blick aus dem Küchenfenster genügt, um den Kopf zu schütteln. »Welche Energieverschwendung! Merkt das denn keiner? Alle reden vom Sparen, doch in der Praxis . . . «
Der Vormittag vergeht. Die Sache interessiert mich. Immer wieder ein Blick hinaus — die Straßenlampen brennen um die Wette, bei blauem Himmel und herrlichstem Sonnenschein. »Sollte ich vielleicht mal bei der Stadtverwaltung anrufen?« »Nein! Du solltest deine Tagesschule erkennen.« Betretenes Schweigen meinerseits.
Nach dem Mittagessen zieht es mich ein paar Schritte hinaus. Herrlich, die Sonne auf der Haut! Es ist mild, ich trage nicht einmal eine Jacke. Ich gehe unter den brennenden Straßenlaternen entlang, der gestrige Tag zieht noch einmal durch mein Gemüt. Es war ein Tag, der enorm an meinen Nerven gerüttelt hat. Das eine kam zum anderen hinzu, und irgendwann platzte mir der Kragen. Meine Sicherung brannte durch, während eines Telefonats. Der Grund meines Zorns war das Geschäftsgebaren eines Unternehmens, doch entlud er sich — wie immer — an der falschen Person. Ich hätte es gerne ungeschehen gemacht. Danach kam ich einfach nicht mehr zur Ruhe, angespannt lag ich abends im Bett. Schwere Sorgen trieben meine Gedanken ohne Unterlass im Kreis herum. Ich konnte den Ausstieg aus dem Sorgenkarussell nicht finden. Meine Batterien waren restlos entleert. Alle Energie verbraucht, verraucht und verpufft in dem Ärger, den ich an der Supportmitarbeiterin abgelassen hatte. Gedankenverloren gehe ich meine Runde, überlege . . . was ist das mit den Lampen für eine Tagesschule?
Kurz vor der Haustür bin ich dann perplex: ich wende meinen Blick nach allen Seiten — die Straßenlaternen sind aus! Mir geht ein Licht auf. Gestern war mir die Sicherung durchgebrannt — und wer brennt durch, am heutigen Tag? Die Straßenbeleuchtung, sieh mal einer an! Ich hab’s erkannt, und somit brauchen auch die Lampen nicht mehr zu brennen.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: ich habe nicht dafür gesorgt, dass die „verschwenderi-
sche” Festbeleuchtung abgeschal-
tet wurde, aber mein Gemüt ist mit allem, was um mich herum geschieht, verbunden — und wird mit den Geschehnissen des Tages perfekt synchronisiert. Das heißt, ich bekam genau zum richtigen Zeitpunkt das Gefühl, an die Sonne hinauszugehen, den Fotoapparat mitzunehmen, mir Gedanken über den gestrigen Tag zu machen, und . . . erhielt synchron mit dem Abschalten der Straßenbeleuchtung die Hilfe von „oben” in Form von Denkanstößen, um die Zusammenhänge der Tagesschule zu erkennen. Hat man die Ursache für störende Gefühle erkannt, dann verschwinden sie sogleich. Eine Spiegelung im Äußeren wird damit hinfällig, die Lampen brauchten also nur so lang zu brennen, bis ich hinter mein gestriges Fehlverhalten kam.
Ich habe mir vergeben — für meine übertriebene Emotionalität — und dem Unternehmen für sein Geschäftsgebaren, das mich zur Raserei gebracht hatte. Ich kann nur dankbar dafür sein, denn ich habe aus diesen Geschehnissen gelernt. Eines Tages werde ich vollkommen ruhig und gelassen sein können, so dass mich nichts mehr aus der Fassung bringt, auch wenn es um mich her gewaltig stürmt und tobt.