ennen Sie das? Da hört man jemand reden, und der Vortrag rauscht an einem vorbei, ein Wort nach dem anderen. Man hat große Mühe, mit seinen Gedanken dabei zu bleiben, und dem Redner zu folgen. So vergehen die Minuten, und man wünscht sich sehnlichst eines nur herbei: das Schlußwort. Doch auf einmal gehen die Ohren auf, und man wird hellwach. Ein Satz nur, wenige Worte, doch sie treffen mitten ins Herz.
So erging es mir bei einer ökumeníschen Trauung, als einer der beiden Pfarrer den Frischvermählten wünschte, dass „ihnen nicht gegeben werde, was sie begehren, sondern das, was sie brauchen”. Da ist bei mir der Groschen gefallen. Wünsche, die ich hartnäckig genug begehre, erfüllen sich – doch werden sie mir dann zum Segen oder nur zu einer Last? Wer will schon ein Klotz am Bein, das ihn daran hindert, innerlich vollkommen frei zu sein? Wünsche müssen mit Bedacht gewählt werden.
Ein Freund erzählte mir von seiner Kindheit, wie er in äußerst bescheidenen Verhältnissen aufwuchs, als Flüchtlingskind in den trostlosen Zweckbauten der fünfziger Jahre. Kein eigenes Zimmer, kein eigenes Spielzeug, kein Geld für die Streiche und Vergnügungen der Altersgenossen aus gutsituierten Häusern. Der Wunsch, einmal in einem eigenen Zuhause zu leben, erfüllte ihn voll und ganz; einmal sein eigener Herr zu sein, in den eigenen vier Wänden nach Belieben schalten und walten zu können. Dieser Wunsch prägte seinen ganzen weiteren Lebensweg, seine Berufswahl, seine Entscheidung für eine Ehe und drei Kinder, und für den Bau eines eigenen Hauses. Sein Wunsch hatte sich erfüllt. Nach über 30 Jahren ist er nun schuldenfrei, die Kinder sind aus dem Haus, und seine eigenen vier Wände – sind ihm zur beschwerenden Last geworden. Die Beanspruchung und Verantwortung im Beruf ist so groß geworden, dass er für die Pflege und den Unterhalt des großen Hauses nicht aufkommen kann. Es fehlt ihm dazu die notwendige Zeit, die Ehefrau ist chronisch erkrankt. Der Garten versinkt in einen Dornröschenschlaf, am Haus wird nur das Dringlichste repariert . . .
. . . weiterlesen . . . ▼