
anchmal kommt man aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus. Da habe ich vor kurzem eine neue Klavierschülerin bekommen, ein Mädchen von vielleicht acht Jahren; eine interessante, und, wie es scheint, recht eigenwillige Persönlichkeit. Dass sie nun ab sofort ihre Spielstücke auswendiglernen soll, gefiel ihr zunächt gar nicht. Das kann ich gut verstehen, denn es bedeutet ja für sie eine ziemliche Umstellung. Deshalb spreche ich mit ihr gelegentlich darüber, wie wichtig das Auswendiglernen für die Verknüpfung der Gehirnzellen untereinander ist — und damit natürlich auch für die Entfaltung ihrer Intelligenz.
In der letzten Stunde, als es wieder einmal um dieses Thema ging, und ich sie ermunterte, Gedichte auswendig zu lernen, da schoß es plötzlich aus ihr hervor, wie aus heiterem Himmel, mit einer aberwitzigen Geschwindigkeit:
»In des Alten Bundes Schriften
merke in der ersten Stell:
Mose, Josua und Richter,
Ruth und zwei von Samuel.
Zwei der Kön’ge, Chronik, Esra,
Nehemia Ester mit.
Hiob, Psalter, dann die Sprüche,
Prediger und Hoheslied.
Jesaja, Jeremia.
Hesekiel, Daniel.
Dann Hosea, Joel, Amos,
Obadja, Jonas Fehl,
Micha, welchem Nahum folget,
Habakuk, Zephanja.
Nebst Hagai, Sacharja
und zuletzt Malechia.
In dem Neuen stehn Matthäus,
Markus, Lukas und Johann.
Samt den Taten der Apostel unter allem vornean.
Dann die Römer, zwei Korinther,
Galater und Epheser.
Die Philipper und Kolosser,
beide Thessalonicher.
An Timotheus und Titus,
an Philemon, — Petrus zwei,
drei Johannes, die Hebräer,
Jakob’s, Judas Brief dabei.
Endlich schließt die Offenbarung
das gesamte Bibelbuch.
Mensch, gebrauche, was du liesest
dir zum Segen, nicht zum Fluch.«
Respekt, Respekt! Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich. Die Merkverse zur Bibel, die meine Klavierschülerin im Religionsunterricht gelernt hat, stammen von Magister Georg Ernst Göz, einem Stuttgarter Pfarrer, der sie seinen Scholaren fleißig einzuimpfen pflegte; bis heute hat sich dieser Brauch erhalten, seit über zweihundert Jahren.
Und nun zu Ihnen, liebe LeserInnen. In welchem der obig aufgezählten biblischen Bücher befindet sich der folgende Ausspruch?
»Suchet, so werdet ihr finden . . .«
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