
ielleicht kennen Sie ja die gleichnamige Erzählung, die Hermann Hesse vor gut einhundert Jahren verfasst hat.
Das kleine Büchlein mit den vergilbten Seiten, das sich in einer dunklen Ecke des Bücherschranks meines Vaters, hinter mächtigen und schweren Folianten, gut geschützt verborgen hielt, war meine erste Begegnung mit dem versonnenen Erzähler aus dem Nordschwarzwald, und sie war weitreichender, als ich damals ahnen konnte. Mit meinen sechzehn Lenzen verschlang ich die Geschichte um den Jüngling Hans Giebenrath in einem Zug wie mancher weiland Goethes Werther; gerade in den Jahren jugendlicher Leiden entwickelt man ja einen ungeheuren Appetit auf das, was einem niemand niemals nicht erklären konnte, weil es höherer Mathematik entsprang – die Gleichung des Lebens – die große Unbekannte also, die für jeden Zeitgenossen aufzugehen schien, nur für mich selber nicht; und so suchte sich die wunde Seele Trost und Heilung in den Büchern, trocknete der Tränen Fluß in sanften Tüchern; schließlich griff es doch zu sehr ans Herz, das eig’ne Angesicht in jenem Jüngling wiederzuerkennen, den Hesse gar mit autobiograf’schen Zügen malte – und den das Rad des Lebens unbarmherzig niederstieß, bis auf des Flusses tiefsten Grund.







Ich weiss noch genau, wie das war: mich über die in verschwenderischer Pracht blühenden Orchideen zu beugen, mit der Nase tief einzuatmen, und — nichts. Ich wollte zuerst einmal nicht mehr leben. Dann, nach einigen Tagen, begriff ich, um was es ging, und ich verwandelte die Situation in einen Lebenswunsch: so will ich nicht mehr leben. Und ich begann, mir diese kostbare Leihgabe, unseren Körper, mehr und mehr zum Freund zu machen – auf dass er mich ein ganzes Leben zuverlässig unterstütze und begleite. Wie es ist, wenn der Körper nicht mehr reibungslos funktioniert, das hatte ich in den 14 Tagen ohne Geruchssinn überdeutlich erfahren – keine Freude, keine Farben, alles grau, fade, eintönig.