Tagesschule, Lektion 6


m Wochenende leg’ ich mich auf die Terrasse, genehmige mir ein Sonnenbad. Angenehm, wohltuend, herrlich entspannend. Nach wenigen Minuten geht’s los: Eine unüberhörbare, penetrante Frauenstimme gibt Kommandos. „Auf die Plätzäää — fertig — loooooos!” und kurze Zeit später dasselbe Spiel. So geht es eine halbe Stunde, über Megaphon lautstark serviert. Was kommen da für Gedanken? „Eine Frechheit, eine solche Unverschämtheit, so rücksichtslos!” Eine Störung, vom Feinsten. Was mich stört, zu mir gehört. Also? Da kam am Vortag eine neue Klavierschülerin zum Vorgespräch, mit ihren Eltern. Verschüchtert, wenig Selbstbewußtsein, Typ: graue Maus. Und ich: donnere mein erziehungspädagogisches Strickmuster herunter, überfahre sie wie eine Dampfwalze. Sie macht keinen Pieps. Sie zuckt hilflos mit den Schultern, sagt zu allem ja – ich liess ihr schließlich keine andere Wahl. Wer war hier rücksichtslos? Im Nachhinein erfahre ich den Anlass für das Megaphonspektakel: Eine Veranstaltung im Kurpark, „Mein Hund”, mit Hundewettrennen. Da wäre ich doch beinahe auf den Hund gekommen.