Aufwachen! - mein 17206. Tag


rster Ferientag in Baden-Württemberg – und letzter „Arbeitstag” für mich als Musiklehrer. Die Teilnahme an diesem sogenannten „pädagogischen Tag” gilt als Pflicht, und darüberhinaus als Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung in Krisenzeiten. Referenten, heuer aus dem eigenen Stall, geben Erfahrungen und Erkenntnisse weiter, und Weiterbildung tut uns doch allen gut…

Da sitzen wir also, fast das gesamte Kollegium, und lauschen den Ausführungen der Kandidaten – doch manch einer in den hinteren Reihen träumt bereits von Sonne und Strand, andere hingegen von etwas näherliegendem: der nächsten Kaffeepause. Es zieht sich hin, doch damit nicht genug; Fragenbeantwortung muss auch noch sein. Die Diskussion dreht sich im Kreise. Ein Mobiltelefon lässt plötzlich seine eingespeicherte Melodie ertönen, und gleich darauf ein zweites. Was hat das zu bedeuten? War das nicht der Pausengong, das Zeichen zum abbrechen?

Doch die Zeichen wurden geflissentlich überhört – die Diskussion ging endlos weiter. Und wir blieben heiter, trotz dieser allgemeinen Verstandesentscheidung. Ist es denn so schwer, die Ereignisse der Tagesschule zu sehen, und überdies richtig zu interpretieren? Damit uns das gelingt, müssen wir schon unseren Verstand miteinsetzen, doch entscheiden sollten wir mit unserer Intuition, dem Bauchgefühl. In diesem Fall waren es einige Dutzend Augen und Ohren, für die das „Schauspiel” mit den Handys „bestellt” war; perfekt geplant und synchronisiert.

Sind wir denn alle blind und träumen durch den Tag? — Die Sprache der Tagesschule arbeitet mit Sinnbildern und Symbolen, und das Ertönen der Mobiltelefone, genau zu dem Zeitpunkt, als die Diskussionsrunde begann, sich im Kreis zu drehen, hatte nur eine einzige Botschaft: „Aufwachen, meine Damen und Herren, Zeit für eine erholsame Pause!”




Die kleinen netten Überraschungen - mein 17204. Tag


ie freuen wir uns im Alltag über die kleinsten Begebenheiten, die uns Anlass geben, einmal die gewöhnliche Routine zu unterbrechen!
Nein, es müssen wirklich nicht die großen Dinge sein, die uns Abwechslung verschaffen, und somit unser Gemüt erfrischen. Eine Monatsabrechnung für Internet- und Telefonnutzung tut es auch. Aua, das tut weh – und sie flattert auch ausgerechnet nach einer ausgedehnten Internetsitzung in den Briefkasten, den elektronischen – papierlos natürlich, da kommen wir dem Versorgerunternehmen großzügig entgegen.

Ein schöner Spiegel ist das, und wir bezahlen brav für die verpuffte Energie, für die endlosen Wartezeiten, für die Nervenbelastung und den Ärger mit fehlerhaften und inkompatiblen Webseiten, und — nichts mehr; die Aufzählung nähme sonst kein Ende. Haarsträubend ist es, was einem in der bunten Online-Welt alles widerfahren kann. Und nun darf ich auch noch Schmerzensgeld dafür bezahlen! Grummelnd und zerknirscht gehe ich außer Haus. Die reale Welt hat mich wieder. Ich bin unterwegs zum Thermalbad, und nicht gerade in einem wohlgeordneten äußerlichen Zustand; in der vagen Hoffnung, dass mir kein bekanntes Gesicht begegnet.

Doch etwas anderes begegnet mir. Was sehe ich da? Die Nummerntafel eines Fahrzeugs ist es, die mir geradezu in die Augen springt. Und endlich gibt es wieder was zum Schmunzeln: KA – MM … – das ist doch nicht etwa eine Aufforderung an mich? Zugegeben, mit langer wehender Künstlermähne ist man manchen Zeitgenossen schon ein Dorn im Auge. Verzweifelt fahre ich durch die Haare; hoffnungslos! Sie fallen in alle Richtungen, und lassen sich wirklich in kein Schema pressen. Doch werde ich nicht aufgeben; den letzten zwei zerbrochenen Pferdekämmen zum Trotz. Geeignet wäre ein Stahlkamm mit einem Zentimeter breiten Zwischenräumen, denn sonst komme ich durch meine Haare nicht hindurch. Momentan behelfe ich mir mit einer Gabel, rostfrei, aus Solinger Edelstahl, doch die ist momentan nicht griffbereit. Und abschneiden kommt auch nicht in Frage, weil mir die Drahtantennen auf dem Kopf den Empfang der Intuition erleichtern – und das hat höchste Priorität!

So spielt das Leben mit uns Katz und Maus, und das spiegelt sich in all den Eulenspiegeleien, die wir selber Tag für Tag von neuem aushecken. Tagesschule nennen wir das, und sie ist zu nichts weiters nutze, als dass wir sie beobachten, und, unser wahres ICH erkennend, aus ihr lernen; denn die Streiche, die wir schon von Kindesbeinen an beherrschten, nehmen nicht so leicht ein Ende. Jede Zeche muss bezahlt sein, bis auf den letzten Heller, wie wir aus Erfahrung wissen – und bliebe der Teller fortan leer, so hätten wir ein wichtiges Ziel erreicht: uns still und friedlich mit dem zu bescheiden, was wirklich in unserem Leben ansteht, und Tag für Tag zu tun ist. Nicht mehr, und nicht weniger, keine Ablenkungen, keine Abenteuer – denn diese Abende, wo man sein kleines Ego durchsetzt, und tut, was man gerade tun möchte, sind immer teuer zu bezahlen, im wahrsten Sinne des Wortes: ein teurer Abend war’s, ein wahres Aben(d)teuer – ich muss nur auf die Telefonrechnung schauen.

Auch wenn Sie es möglicherweise nicht so gerne hören – die höhere Vernunft im Universum erzieht uns mittels intelligenter Lebensgesetze zum „brav sein”, und es führt kein Weg daran vorbei – wir alle müssen mit der Zeit zu „Engeln” werden. Apropos, können Sie schon singen?

Zwei betende Engel, von William Blake gemalt; geheimnisvoll sind seine Werke, mystisch auch seine Dichtungen, unendliche Wahrheiten verkündend. Er nahm die Verinnerlichung der Romantik vorweg. Seine Bilder sind durchweg inspiriert; wir bewundern den Aufbau seiner Kompositionen, die sich zu einer Apotheose des Glaubens fügen: sich im Gebet einander zuneigende Engel formieren sich symbolisch zu den bittend aneinandergelegten Händen, die gen Himmel gerichtet sind. Wir sollten es uns zu Herzen nehmen – und keinen Tag ohne positiven Wunsch verstreichen lassen!




Zwei untrennbare Geschwister: Geborgenheit und Fürsorglichkeit - mein 17200. Tag


s waren einmal zwei Geschwister, die hatten sich unendlich lieb . . .  doch das eine Schwesterlein, das auf den Namen Fürsorglichkeit hörte – und auch auf den Namen Demut; denn den gab ihm Schwester Geborgenheit lächelnd und wissend mit auf den Weg – diente einem aufbrausenden Herrn, unter dem es viel zu erdulden hatte. Herrisch war er, wie es einem richtigen Herrn wohl zu Gesichte steht, aufbrausend, und sehr, sehr klug.

„Willst du, dass dein Rösslein trabt,” – so sprach er gestern wieder einmal, „so gib ihm nur tüchtig die Sporen!” – und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schwang er sich auf das gesattelte Pferd, und flog wie ein Pfeil davon. So blieb die Dienstmagd zurück – unglücklich, verlassen und allein; zwar Herrscherin über Küche und Kammern, über polierte Töpfe und silberne Schüsseln, doch desjenigen entbehrend, der ihre treuen Dienste wertschätzend zu empfangen bereit gewesen wäre. Und da diese sonderbaren Geschwister die Fähigkeit besaßen, genau zu erspüren, wie es dem anderen wohl gerade ergehen möge, so übertrug sich das Leid des einen in Windeseile auf das andere. Sie konnten eben nur gemeinsam glücklich sein, denn so entsprach es ihrer wahren Natur.

Es war schon stockfinster, und tief in der Nacht, als der Herr zurückkehrte. Müde und ausgezehrt von den Beschäftigungen des vergangenen Tages warf er sich reumütig seiner Dienerin in die Arme.

„Verzeih’, verzeih’,
vernimm mein Flehn,
ich hab’ gesehn,
wie dir geschehn,
verzeih’, verzeih’,
so ist’s vorbei!
Nun hilf mich stärken,
speisen, tränken,
von den Schätzen,
in den Schränken,
die wir haben,
uns zu laben,
dass es fressen
nicht die Raben!
Ei! nun hurtig,
auf den Tisch,
köstlich muss es sein,
und frisch!”

Und die Dienerin, die sich schon zur Nachtruhe begeben hatte, mühte sich redlich, es ihrem ungeduldigen Herrn an nichts fehlen zu lassen.

Am nächsten Tag aber geriet der Herr in ein schweres Unwetter, und der ganze Himmel entlud seinen Zorn über demjenigen, der seine treue Magd so schmählich im Stich gelassen hatte. Der Donner schlug wie eine ohrenbetäubende Riesentrommel auf ihn ein, die Blitze zuckten, die Winde tobten, auf dass er gelobte, seiner Magd nie mehr ein Unrecht angedeihen zu lassen. Völlig durchnässt, musste er nun stundenlang frierend und zitternd ausharren, und gedachte dabei den schönen Stunden, wie sie gemeinsam am wärmenden Herdfeuer saßen, und sich an den Speisen aus Garten und Kammer gütlich taten. Und mehr und mehr öffneten sich ihm die Augen, was er doch eigentlich an seiner Magd besaß: und da sie ihm in seinen guten Stunden, in denen er bereit war, sein Herz nicht hinter den undurchdringlichen Schutzmauern seines Schlosses zu verriegeln, davon erzählt hatte, dass sie noch eine Schwester habe, die sie so selten sehen dürfe, die aber wisse, was wahre Liebe sei – so beschloss er, sie einzuladen, und ihr eine kleine Freude damit zu bereiten. Die Freude aber war grenzenlos, und der Jubel nahm kein Ende . . .  und man erzählt sich, dass man den Junker seit diesem Tag nie mehr ohne ein Lächeln auf dem Gesicht habe vorbeireiten sehen . . . 

Die Schlüssel

*das Märchen fußt auf meiner gestrigen Tagesschule; allerdings bin ich nicht geritten, sondern geradelt. Das Unwetter fand tatsächlich statt, das frieren und zittern mit durchnässter Kleidung auch (ich musste unterrichten, und durchhalten); ein sogenanntes schweres Mißgeschick, das immer zu gedanklicher Auseinandersetzung führen soll; denn das ist der höhere Sinn und Zweck eines Mißgeschicks (die Ursache eines Mißgeschicks liegt in einem Fehlverhalten des Vortages begründet – das können Sie durch aufmerksames Beobachten Ihres Tagesablaufs leicht überprüfen).

Seelisch lernen heißt eben auch, ungute Gefühle, wie sie aus Fehlentscheidungen resultieren, zu verstehen. Womit habe ich sie mir verdient? Nur derjenige, der sich intensiv um eine Antwort bemüht, wird sie letztendlich auch bekommen. Und dann geht es langsam und stetig aufwärts, und wir werden dem Sinn unserer Erschaffung immer mehr gerecht: nicht zu bleiben, wie wir sind, sondern zu wachsen, reifer, reicher, vielfältiger, und selbständiger zu werden – und zu erkennen, dass unser Potenzial nur durch die Grenzen gebunden wird, die wir ihm selbst auferlegen. Ewigkeit heißt Unendlichkeit – das gilt auch für unser in uns angelegtes Potenzial, und für jeden Entwicklungsschritt, mit dem wir wachsen können, grenzenlos, ewig — wenn wir es wirklich wollen.




Guten Morgen! - mein 17199. Tag


a kamen wir gestern wieder einmal viel zu spät ins Bett, und heute morgen mit einer Stunde Verzug in die Gänge. Was sehe ich beim morgendlichen Blick in den Spiegel? Zum Beispiel folgendes:

Beim Leeren des Briefkastens eine Umfrage auf der Titelseite eines Anzeigenblatts: „Sind Sie eigentlich Frühaufsteher?” – und Jung und Alt stehen Rede und Antwort, mit Name, Konterfei und Altersangabe. Und ich? Gestern noch habe ich über ideale Zeitnutzung geschrieben. Kann eine Nachteule denn seine Lebenszeit ideal nutzen? Sie verschiebt den Beginn des neuen Tages. Nun denn, so extrem wie noch vor wenigen Jahrzehnten ist’s schon lange nicht mehr. Aber es ist doch interessant, dass dieses Anzeigenblatt nur einmal in der Woche erscheint, und gerade dann eine derartige Umfrage enthält, wenn ich sie als Denkanstoß benötige. Synchronizität der Ereignisse!

Apropos Synchronizität der Ereignisse – eine musikalische Randnotiz:

Im Verlauf des gestrigen Vormittags vernehme ich unten im Tal ein „Tatü-tata-tatü-tata-” – nichts besonderes, das gibt es häufig, doch nach kurzer Zeit vermischt sich die Sirene mit einer zweiten – und das unglaubliche geschieht: sie synchronisieren sich für mehrere Sekunden zu einem vollkommen harmonischen Duett, kontrapunktisch perfekt, ausgewogen, in Gegenbewegung vom Tritonus zur großen Terz schreitend, und immer wieder repetierend: Wohlklang pur, himmlische Musik!

Das konnte nur funktionieren, weil die zweite Sirene um einen Halbton höher gestimmt war.
Können Sie jede Note der jeweiligen Sirene zuordnen? Sirenen ertönen in Quarten – wie lange liegt Ihr Musikunterricht nun schon zurück?
Lösung: Die Sirenen wechseln von Takt zu Takt ihre horizontale Lage; einmal sind sie Unterstimme, das nächste Mal Oberstimme, immer schön überkreuzend (Das Kreuz: Symbol für ERSTE HILFE, siehe nächsten Abschnitt).

Doch abgesehen vom musikalischen Genuß habe ich mir auch verinnerlicht, solche Sirenensignale in der Tat als Wink mit dem Zaunpfahl zu betrachten; meist sind es für mich Hinweise, dass es höchste Zeit ist, für Flüssigkeitszufuhr zu sorgen, und genügend Quellwasser zu trinken. Kommt Ihnen beispielsweise auf der Straße ein Rettungswagen entgegen, so verdeutlicht er Ihnen möglicherweise nur, dass Sie gerade auf dem Weg zu einer für Sie sehr hilfreichen Tätigkeit sind – oder gerade einem „rettenden” Gedanken, Denkanstoß oder Vorhaben Raum zur Entfaltung in Ihrem Bewußtsein zugestehen; frei nach dem Motto: „das war die Intuition! Hast du die  +  Erste Hilfe denn bemerkt?”