
ie Brille, in früheren Epochen ein Anzeichen von Bildung und „Gelahrsamkeit”, ziert heutzutage die Mehrheit aller Gesichter. Und der Anteil an Brillenträgern steigt weiter, derzeit liegt er bei über 60 Prozent – ein Zuwachs von 50 Prozent seit dem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg. Die Zeitspanne, die sich vom Beginn der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis heute erstreckt, firmiert auch unter dem Begriff der Wohlstandsgesellschaft. Nie zuvor in der Geschichte ging es den Menschen so gut wie bei uns. Doch was hat das mit der Brille zu tun?¹
¹ Wenn der Mensch nicht mehr den Großteil seiner Lebenszeit auf die Beschaffung seiner täglichen Nahrung verwenden muss, so kann er sich vermehrt der Entfaltung seiner geistig-seelischen Fähigkeiten widmen. Das setzt allerdings eine gewisse Bildung voraus, die erst durch Wohlstand in einem vernünftigen Maß ermöglicht wird. Nationen mit höherer Bildung weisen in der Folge einen deutlich höheren Anteil von Brillenträgern auf. Ist die Brille nicht ein Symbol fürs Lesen? Im übertragenen Sinn steht sie für das Lesen im Buch der Seele.
„Die Augen sind das Fenster zur Seele” – das ist ein Zitat, das Leonardo da Vinci zugeschrieben wird. Und in der Tat, es ist schon ein erhebendes Gefühl, wenn man einem lieben Menschen in die Augen schaut. Eine gewisse innere Scheu hält uns davon ab, dies länger als nur einen kurzen Augenblick zu tun, deshalb der Ausdruck: Augen – Blick. Es ist, als ob man eintaucht in ein Meer, dem wir doch selbst entnommen sind, dem Grund der See, die unserer Seele ihren Namen gab. In solch kostbaren Augenblicken kann in uns ein Stück Heimat anklingen, eine dunkle Ahnung dessen, was wir im Grunde unseres Wesens sind; und indem diese Ahnung emporsteigt, vereinigt sie sich mit dem Sonnenlicht, das durch unser Auge fällt, und lässt es hell und warm in unserem Bewusstsein werden. Ein Stück Selbsterfahrung ist das, ein Sich-Erkennen im Spiegel der Seelenschwester oder des Seelenbruders.
„Das Auge sieht, was es sucht” – so formulierte es der Maler Max Slevogt. Wohin also richten wir den Blick?
Ein berühmtes Brillengesicht: Mahatma Gandhi besaß die Fähigkeit, bis auf den tiefsten Grund der menschlichen Seele zu blicken. Keine innere Regung blieb ihm verborgen. Diese Fähigkeit ermöglichte es ihm, auf die Nöte und Bedürfnisse seiner Landsleute einzugehen, sie an der Hand zu nehmen, und sie in die Unabhängigkeit zu führen. Das menschliche Auge kennt zwei Blickrichtungen: sowohl nach außen, als auch nach innen. Einerseits der Blick in die Weite der Außenwelt, andererseits der Blick auf die kurze Distanz, der die Innenwelt beleuchtet. Hier kommt die Brille als Sehhilfe ins Spiel: Brillenträger werden der Einfachheit halber nach Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit unterschieden. Im Grunde artikulieren diese beiden Begriffe die Stärken desjenigen Menschen, der eine Brille trägt: kurzsichtige Menschen zeigen häufig eine ausgeprägte Sensibilität für die Innenwelt, die Welt der Seele, während weitsichtige Menschen sich eher durch einen klaren Blick für die Belange der Realität auszeichnen. Ideal wäre es, zwischen beiden Polen hin- und herpendeln zu können – denn damit schüfe man die Voraussetzung für eine vollkommen objektive Sicht auf alle Wesen und Dinge. Die Entwicklung in unserer Gesellschaft hin zur Kurzsichtigkeit ist ein gutes Zeichen. Weltweit sind es momentan ungefähr 1,6 Milliarden Menschen, innerhalb der nächsten zehn Jahre rechnen die Forscher damit, dass der Anteil der Menschen mit einer sogenannten Myopie, dem Fachbegriff für Kurzsichtigkeit, auf etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ansteigen wird² – ein gutes Omen, nicht nur für die Brillenindustrie: mehr und mehr Menschen richten den Blick nach innen, und schenken ihrem Seelenleben größere Aufmerksamkeit. Das ist ein enorm wichtiger Schritt auf dem Weg in das bereits angebrochene spirituelle Zeitalter. ² Quelle: Anna Maria Isabel Wilde, Untersuchungen zur Epidemiologie und Genetik der Myopie Die Brille korrigiert unsere Fehlsichtigkeit, sei sie nun kurz, oder auch weit. Wir purzeln auf die Erde nieder, um uns zu erkennen. Das wäre gar nicht einmal so schwer, wenn wir uns so sehen könnten, wie wir wirklich sind. Was macht uns blind? Jesus Christus erklärt es in der Bergpredigt folgendermaßen: „Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.” (Matthäus 6, 22) Das Auge ist das Symbol für unsere seelische Sichtweise, der Leib umfasst als Ganzheit Körper und Geist. Das sind die wesentlichen Fragen, denen wir uns täglich zu stellen haben: Ist unsere Sicht klar, lauter und rein – Luther gebraucht den Begriff „einfältig” – oder ist sie eingetrübt? Durch Verurteilen, Kritisieren, Besserwisserei, und Schadenfreude kann sie sich verdunkeln bis zur vollkommenen Finsternis (Matthäus 6, 23). Um zu überprüfen, wo wir stehen, bedürfen wir der Tagesschule, die das Universum für uns als täglich sich wandelndes Lernprogramm mit großer Sorgfalt plant. Nur im Erleben unserer eigenen Reaktionen auf die Geschehnisse des Alltags lernen wir unsere momentane seelische Sichtweise kennen, und vermögen sie, sofern wir den entsprechenden Wunsch hegen, auch zu verändern. »Brille verlegt? Oder gar hinuntergefallen? Kratzer im Glas? Blaues Auge kassiert?« So drastisch muss unsere Tagesschule beileibe nicht sein. Dies soll nur einmal den Zusammenhang aufzeigen, wie uns das Universum auf eine falsche seelische Sicht richtiggehend „stoßen” kann, sofern wir es nötig haben. Könnten wir denn für ein „Veilchen” rundherum um unser Auge dankbar und auch glücklich sein? Wenn wir den Grund für solch ein Mißgeschick erkennen könnten (die Ursache liegt immer in einer konkreten Verhaltensweise des zurückliegenden Tages begründet; eine Verhaltensweise, die auf einer falschen seelischen Sicht beruhte, und eine Kausalkette in Gang gesetzt hat, die bspw. als „Veilchen” wieder sichtbar wird), so wären wir sichtlich dankbar und froh, denn das sind wir immer, wenn wir etwas wirklich sinnvolles gelernt haben. Und unsere Seele im Spiegel der Außenwelt zu erschauen, ist wirklich sinnvoll! Große Persönlichkeiten haben uns immer wieder darauf hingewiesen: „Das Auge ist ein Verkleinerungsglas nach innen.” (Friedrich Hebbel, deutscher Dramatiker). Ein besseres Übefeld als die Erde gibt es im ganzen Universum nicht, um uns selbst zu erkennen. Und auf diesem Weg der Selbsterkenntnis wandelt sich unsere seelische Sicht. Aus Verurteilen wird Neutralität. Aus Kritisieren wird Kritikenthaltung und Verstehen. Aus Besserwisserei wird Schweigen. Aus Neid und Schadenfreude erwachsen Großzügigkeit, die dem anderen Glück und Freude gönnt. Und also ward es wieder licht in uns. Wir ahnen es: das ist der Boden, auf dem wahre, allumfassende Liebe gedeihen kann. Wir gehen unbeirrbar unseren Weg, auch unter dem Vorwurf, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen. Denn in uns hallt es wider: „Erst das Auge erschafft die Welt.” (Christian Morgenstern) Zur Seite Alle Symbole im Überblick gehen





Nach der Pause geht es weiter, heiter, fröhlich, ungezwungen. Es zieht sich. Endlich sind auch die Fotos gemacht. Es heißt Abschied nehmen. Die letzten Kinder werden abgeholt, sie winken noch einmal. Mir haben sie geholfen, mit mir selbst wieder ins Reine zu kommen. »Und tschüss!« Es ist schon spät, quälender Hunger treibt mich nach Hause.
Oft schon habe ich diese Sorte eingekauft. Oft schon habe ich den Aufkleber entfernt, und jedesmal habe ich mich über den Namen gewundert: „HASS”- Avocados, warum nur? Liebevoll sein, „HASS”- Avocados essen? Das rote Blut der schwarzen Sklaven ist auf dem Aufkleber verewigt. Ich starre ihn an. Wie sagte Rudolf Steiner? „Hinter allem Materiellen ist Geistiges, auch hinter der Nahrung . . . Wir treten durch die Ernährung durch dieses oder jenes materielle Substrat in Beziehung zu diesem oder jenem Geistigen, das dahintersteckt.” Nichtsdestotrotz – die Avocado mundet herrlich. »Vollreif, ein Geschenk!« Sie tut mir nichts zuleide, ganz im Gegenteil. Ich esse sie mit besonders liebevollen Gedanken, streichle und tröste sie in meinem Bauch. Ein Akt der Wiedergutmachung, den ich nur empfehlen kann. Irgendwann wird sich der Aufkleber verändern dürfen. Davon bin ich überzeugt . . . 
Beeindruckende, handgeschnitzte Masken und die dazugehörigen, handgearbeiteten „Häser” (Narrenkleider) zeugen von einer hohen Originalität schwäbisch-alemannischer Fasnacht, einer jahrhundertealten Tradition, sowie einer hochstehenden Handwerkskunst, die treulich von Generation zu Generation weitervererbt wird.
Und so wandeln von der Teufelsfratze bis hin zur personifizierten Güte fast alle Facetten menschlichen Gebarens an mir vorüber. Ein Schauspiel, das den Zuschauern den Spiegel der Welt vorhält, wie einst der Narr dem Herzog in Shakespeares Komödie „What You Want”. „Was ihr wollt”, das könnt ihr haben, und den Löffel gleich dazu. Denn die Suppe, einmal eingebrockt, will ausgelöffelt sein.
Wir tun uns schwer, den Faden, den die Parzen spinnen, bloßzulegen. Des Lebens Los, fällt uns das einfach in den Schoß? Gewisslich nicht, sonst sprächen wir nicht vom Los, das wir gezogen haben. Die Drahtzieher sind wir allein. Ursach’ und Wirkung, gestern wie heut’. Den Leuten sieht man’s ins Gesicht geschrieben, und um den Hals hängt schwer beladen — sie, die Schicksalskette unsres Lebens, mit den vielen Narrenschellen dran. Bei jedem Schritt ein jede hell erklingend, künden sie vom Karma, das es abzutragen gilt.
Gestern tanzten sie, die Hexen. Ein Veitstanz, schaurig schön und wild. Heute liegen sie in Schutt und Asche, die aufgekehrt sein will. Und wissen taten sie’s wohl vorher schon, mit einem Liedchen auf den Lippen: »Da Bach naa, da Bach naa, mit Kummer un mit Sorga, bis am Asch-, bis am Asch-, bis am Aschermittwochmorga . . . « (Den Bach hinunter, den Bach hinunter, mit Kummer und mit Sorgen, bis am Asch-, bis am Asch-, bis am Aschermittwochmorgen . . . ). So lautet das Credo der Schramberger Da-Bach-na-Fahrer, die in bunt geschmückten Holzzubern die eisigen Wasser der Schiltach befahren. Schiffchen ahoi! Der Katzenjammer lässt nicht lange auf sich warten, und auf den Fasching folgt das Fasten. So war’s, und so wird’s lang noch sein.

