• Die große Reise - Pfingstfest 2012 •




»Durch meine Botschafter habe Ich dem Menschen gesagt, er solle sein Brot aufs Wasser werfen, und es werde vervielfacht zu ihm zurückkehren, aber er hat es bis heute noch nicht verstanden.«

Ich habe über diese Worte aus der Botschaft der göttlichen Iliade, die in ihrer Grundessenz bereits im Prediger Salomo aufleuchten, lange nachgedacht (im Alten Testament finden sie sich im Buch Kohelet, Kap. 11,1). Sie erschienen mir merkwürdig fremd, und dennoch – oder gerade deswegen – umkreisten sie unaufhörlich mein Bewusstsein. Sicherlich wird es vielen Menschen, wenn sie diese Worte lesen, ähnlich ergehen wie mir, denn die assoziative Symbolsprache des Geistes erschließt sich weder unserem Intellekt noch unserer sinnlichen Wahrnehmung. Was vom Geiste ausgesendet wird, kann nur im Geist empfangen werden. Kontemplation, Reflexion und meditative Seelenschau sind deshalb die notwendigen Fähigkeiten, die uns in Verbindung mit jener Quelle bringen, in der sich alles Wissen verbirgt. Dieses Wissen, das schon immer in uns war, wartet seit Urzeiten geduldig darauf, von uns erkannt und erinnert zu werden.

Inzwischen erschließt sich jene Quelle, die alles Wissen in sich birgt, mehr und mehr meinen inneren Augen. Im Widerschein ihres gleißenden Lichts fließen nun jene bedeutungsschweren Worte durch mich hindurch wie kristallklares Wasser – jene Worte, die mir zuvor so unnahbar erschienen:


»Durch meine Botschafter
habe Ich dem Menschen
gesagt, er solle sein Brot
aufs Wasser werfen, und
es werde tausendfach zu
ihm zurückkehren, aber er
hat es bis heute nicht
verstanden.
«

»Weh den Menschen, die nie zu wünschen gelernt haben!
Sie säen sich ihr eigenes Leid.«

Und ich sehe jene Menschen, wie sie heiraten, in den Tempeln, Kirchen und Moscheen dieser Welt, um hernach Reis auf die Vorhöfe der heiligen Stätten zu streuen. Doch die Saat fällt auf steinigen Grund und bringt keine Frucht. Und so kommen Morgen schon die Straßenkehrer und fegen die Saat zusammen, um sie zum Kehricht zu geben.

Reis ist Nahrung für Millionen Menschen, täglich Brot für Viele. Stecken wir ein Reiskorn in die feuchte Erde, geht eine Zehnerähre daraus hervor. Und wenn wir unser Brot aufs Wasser werfen? Dann kehrt es tausendfach zu uns zurück.

Die Schöpfung – ein Gedankenwellenuniversum

Der neue Tag erwacht. Er ruft Dich, still und leise, und in der Reinheit und Frische des anbrechenden Morgens herrscht jener Geist, der in uns den Boden zu bereiten vermag, auf dem die Saat unserer Wünsche sich in der Kraft des Lichts entfalten. Wir senden unsere Herzgedanken hinaus in den Äther, machtvoll und kraftvoll, in der Gewissheit, dass sie von den Gestirnen reflektiert, von den Enden des Raumes gespiegelt in uns widerhallen, um sich ihren Weg in die Welt unserer vom Geist geprägten irdischen Formen zu suchen. Bewusstes Wünschen und dem daraus resultierenden Handeln entspringt die geformte Scheinrealität aller materiellen Dinge, die werden und vergehen, wie unsere Gedanken kommen und gehen, um von neuem wiederzukehren.

Wie eine Welle verebbt, und wie eine Flamme erlischt, so verblasst auch unsere Wunschkraft, wenn wir sie nicht von Tag zu Tag erneuern. Wir erhöhen die Wunschkraft unseres Herzens dadurch, dass wir die Spannweite unserer Wünsche ausdehnen. Je höher unsere Ideale sind, desto stärker wird unsere Vorstellungskraft, die in der Sehnsucht des Verlangens nach Manifestierung unserer Wünsche zur Triebfeder des tatkräftigen, zielgerichteten Arbeitens wird. Wünsche, denen wir nicht durch zielgerichtetes Handeln Ausdruck verleihen, sind wie Herbstblätter im Wind.

Erwachendes Bewusstsein

Unausweichlich weckt uns der neue Tag. Es ist der nun anbrechende kosmische Tag. Wir können unser Angesicht nicht vor ihm verbergen. Aus der Dunkelheit der Nacht entfaltet sich sein Licht, auf dass wir handeln, um das Licht zu finden. Wir finden es im strahlenden Licht der Sonne, wie wir es wiederfinden in den Herzen der Menschen, die der Einheit ihres Seelenselbstes mit dem AllEinen göttlichen Licht in sich bereits gewahr sind. Wir alle sind Reisende auf dieser großen Fahrt, aus der Finsternis unserer vergangenen Tage empor zur leuchtenden Glorie unserer Göttlichkeit.

Der Weg ins Licht ist weit. Wir finden den Pfad, indem wir ihn unablässig suchen – und inständig um innere Führung bitten. „Erleuchte meinen Pfad, oh Heiliger Einer, auf dass ich nicht strauchle in dieser Dunkelheit!” – so steigt mein Herzenswunsch aus der Tiefe der Seele. Auf den goldenen Schwingen der Morgenröte wird er bis zu den Sternen emporgetragen, doch spiegeln sie die Antwort schon im selben Atemzug an uns zurück: „Komm in meine hohen Himmel! Du hattest mich einst verlassen, um tausend mal tausend Tode zu sterben. Du kanntest Deinen VaterMutter nicht mehr, obwohl ICH immer bei Dir war. Erkenne MICH! Erkenne DICH! Denn Du bist Eins in mir.”

So ist unsere Reise aus der Finsternis in das allumfassende kosmische Licht hinein eine großartige Verwandlung, eine Transformation von der reinen Sinnenwelt vergangener Tage zur ätherischen Welt des Geistes. Emotionen der Leidenschaft (die Leid erschaffen) weichen mehr und mehr der Ekstase der seelischen Liebe, die das unwandelbare Wesen des schöpferischen Weltgeistes ist.

Pentecoste, zu deutsch Pfingsten, kündet mit der Aussendung des Heiligen Geistes vom immerwährenden ekstatischen Wesen Gottes. Lasst euch von der Schönheit seiner Schöpfung begeistern! Entfacht in Euch das Feuer des Geistes! Denn wer BeGeisterung in all sein Denken, Handeln und Tun hineinlegt, wandelt wahrlich im Geiste, und manifestiert so seinen Schöpfer in angemessener und erhabener Weise.

Coda

Zweitausendundzwölf Jahre sind nun vergangen, seitdem sich das liebende Christusbewusstsein in das Herz der Menschheit gesenkt hat. Nun sind wir also angekommen in diesem bedeutungsschweren Jahr. Nach Rudolf Steiner markiert das Christusgeschehen genau die Halbzeit der Entwicklung des Menschengeschlechts.

Nun, zwei Jahrtausende später, stehen wir also erneut an einem großen Wendepunkt in der Geschichte von der Entfaltung des Menschen – denn es offenbart sich jetzt, wer den Christusimpuls des selbstlos liebenden Menschen in sich aufgenommen hat, und wer ihn zugunsten von Gier und Egoismus zurückdrängt hat. Diese Polarisierung zwischen Licht und Finsternis strebt einem Höhepunkt entgegen, und wer die letzten Jahrzehnte betrachtet, wird erkennen, dass sich die Entwicklung dramatisch beschleunigt und zuspitzt. Doch die unermessliche Transformationsreise der Menschenkinder, die reinen Herzens und guten Willens sind, gewinnt weiterhin mächtig an Fahrt. Sie ist jetzt vollauf im Gange – und alle, die zurück zum Vater wollen, müssen mit. Es ist ein weiter, weiter Weg, den wir gegangen sind, doch noch viel weiter ist der Weg, der vor uns liegt. So zaudert nicht – schaut vielmehr unentwegt ins Licht!

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• Meditation •


Ostern 2012

Ich bin das Licht. Ruhe in Mir.


Du bist im Licht. Ruhe in Dir und Mir.




• Singstunde •


Singen macht ein fröhlich Herz. Kein Scherz, und doch zieht scherzend Wonnemonat Mai von dannen. Düfte wie von Rosenblüten lassen uns bereits den Sommer ahnen. Drum hurtig, lasst uns singen, so lang’s noch Frühling ist, dem Schöpfer Lob darbringen! Sein Geist, der in uns wohnt, uns dann mit Freuden lohnt. »Und wehe Dir, solltest Du hüstelnd Dich gar zieren und genieren!« – die alte Leier vom „unmusikalisch” sein, sie bleibt heut stumm. Denn so zu denken, das ist dumm, mit Verlaub. »Wie könntest jemals Freude Du empfinden, beim Hören von Musik, wenn Musikalität nicht Deiner Seele Weggefährte wäre?«

Gesagt, getan – allein es mangelt an der Zeit. So denken wir. Doch setzen wir nur andere Prioritäten. »Priori Musica!« Sie heilt uns, weil sie uns verbindet, mit der Quelle, der alles Schöne, Edle, Wahre immerzu entspringt. Und selbst die wissenschaftlichen Forschungen der Chronomedizin sind dem Geheimnis auf der Spur: Singen bringt den Körper und die Seele wieder in die Harmonie zurück. Natürlich. Sphärenklänge, Keplers Harmonia Mundi – Erinnerungen an den Physikunterricht werden wach – tönen durch die Himmel, durchdringen uns und führen uns zurück in die Alleinheit, in die Ganzheit des ruhenden Lichts des Geistes, der alles ist, was ist, der alles ist, was war, und der alles ist, was jemals sein wird, immerfort und immerdar.

Durch alle Zeiten hindurch werden uns Genies geschenkt, die Musik aus dem Geist des Schöpfers empfangen, um mit ihren Werken unsere Kultur zu erheben, und um unsere Seele zu nähren. Thomas Morley war eines dieser Genies, und er führte die Kunstform des Madrigals zu höchster Blüte. Sein Wirkungskreis war der englische Hof, zur Zeit der musik- und kunstliebenden Königin Elizabeth I. Welche Freude muss es gewesen sein, die Royal Chapel, die königliche Kapelle, leiten zu dürfen!

»Wie wäre es, in den erlauchten Kreis dieser meisterhaft geschulten Sänger einzutreten, um mitzusingen, teilzuhaben an den Klangwelten, die Sir Thomas Morley aus dem ewigen göttlichen Brunnen zu schöpfen wusste?«

Nichts leichter als das. Ein vergnügliches Frühlingslied zur Erheiterung bei Tanz und Spiel? Bitte sehr:

Nächster Schritt. Wir singen mit.

Du meine Seele, singe!

Und das geht so: wir folgen als erstes der Melodie, der Oberstimme, die gemeinhin auch Sopran genannt wird. Auf dem linken Stereokanal erklingt der gesamte Chor, auf dem rechten Stereokanal die jeweilige Einzelstimme (instrumental), zunächst also die Sopranstimme. Auch, wenn wir keine Noten lesen können, folgen wir dem Ablauf der Noten – wir brauchen uns nur eine Leiter vorzustellen, deren Sprossen den Notenlinien entsprechen. Für jeden zu singenden Melodieton gibt es eine Note, deren Position auf der Leiter die Tonhöhe markiert. Wer aufmerksam zuhört, wird nach kurzer Zeit den Bezug der Melodietöne zu den vorüberziehenden Noten herstellen können.

Tipp: Wer über eine höherwertige Audiokarte verfügt, der kann normalerweise über deren Soundsteuerung das Stereopanorama verändern – so lässt sich beispielsweise zum Üben einer Einzelstimme der linke Stereokanal ausblenden. Das geht jedoch auch, wenn man den Audioausgang des Rechners an einen externen Verstärker anschließt.

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Na, das war doch gar nicht so schwer. Die Außenstimmen (Sopran und Bass) sind leicht zu erlernen. Der Gegenpol zum Sopran ist das Fundament, die tiefste Stimme: der Bass. Er kommt nun als nächstes an die Reihe.

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Keine Sorge, die Frauen sollen auch nicht zu kurz kommen – ist’s doch genug damit, dass man ihnen das Singen jahrhundertelang vorenthalten hat. »Stimmt ein, der Altus will erlernet sein!«

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»Helden an die Front!« Jetzt sind die verhinderten Tenöre dran, die bisher über die Badewanne nicht hinausgekommen sind. Spielerisch erklimmen sie nun neue, ungeahnte Höhen.

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Und jetzt wird’s richtig schwierig, denn der zweite Tenor hat’s wirklich in sich. Er fungiert als Springer, als Füllstimme der Harmonie, und trägt durch seine vertrackten synkopischen (gegenrhythmischen) Figuren im Fa-la-la-Teil wesentlich zur Lebendigkeit des Stücks bei. Hinzu kommen die häufigen Sprünge, die sängerischer Erfahrung bedürfen. Übung macht den Meister. »Ärmel hochkrempeln, und tief Luft holen!«

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»Das waren sie!« Die Einzelstimmen, die sich zum Ganzen fügen. Das ist die Kunst, sich selbst zu sein, und dennoch im Gesamten aufzugehen. So entsteht Harmonie, und so macht Chorisches Singen Freude – und der Harmonia Mundi alle Ehre.

Die höchste Kunstfertigkeit im Singen benötigt selbstverständlich keine Stützen mehr. Ob ihr das sängerische „Freischwimmerabzeichen” schon verdient habt, könnt ihr jetzt überprüfen: das Tempo ist ein wenig schneller, und Noten verfolgen müsst ihr nun selbst.

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»Ohne Fleiß kein Preis!« Das sieht und hört man den Ensembles an, die ihre Freude am Singen zum Beruf gemacht haben. Die hier verwendete Aufnahme verdanken wir dem Ensemble Amarcord, das aus den Leipziger Thomanern, die ja bekanntlich in der Bachschen Nachfolge stehen, hervorgegangen ist. Die Aufnahme entstammt ihrer vorzüglichen CD „The Book Of Madrigals”. »Dankeschön!« Und auch ein Dankeschön an Karl Aloritias für den fünfstimmigen Notensatz.

Für heute ist die Singstunde zu Ende. Doch wenn sie euch ein wenig Mut gemacht hat, mehr und mehr die musisch-kreativen Seiten eurer Persönlichkeit zu entdecken – und kontinuierlich an ihnen zu arbeiten – so hat sie ihren Zweck erfüllt. Wer weiß, vielleicht wartet gerade in Deiner näheren Umgebung ein Chor auf Deine Stimme? In diesem Sinne: »Sing Dich frei!«




• Symbole VIII – Der Schlüssel: CORPUS CHRISTI •


Heilige Nacht

 
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Hinweise für Kunstbeflissene (und solche, die es werden wollen) . . .

Verwendete Kunstwerke:
„Die Berufung der Söhne des Zebedäus” (Ausschnitt)
Gallerie dell’Accademia, Venedig
Marco Basaiti (1470 – ca. 1530), venezianische Schule.
„Das letzte Abendmahl” (Ausschnitt)
Wandfresko im Konvent Santa Maria delle Grazie, Mailand
Leonardo da Vinci (1452 – 1519), Universalgenie.
„Die Hochzeit zu Kanaan” (Ausschnitt)
Santa Maria della Salute, Venedig
Jacopo Robusti, genannt Tintoretto (1518 – 1594), Hauptmeister des venezianischen Manierismus.
„Die Berufung des Matthäus” (Ausschnitt)
Centraal Museum, Utrecht
Hendrick Terbrugghen (1588 – 1629), niederländischer Barockmaler.
„Die Vermählung der Jungfrau” (Ausschnitt)
Wallace Collection, London
Bartolomé Esteban Murillo (ca. 1617 – 1682), spanischer Barockmaler (Sevilla).
„Christus bei Simon, dem Pharisäer” (Ausschnitt)
Eremitage, St. Petersburg
Peter Paul Rubens (1577 – 1640), Universalgenie.
„Allegorie der Zeit (Allegorie der Lebensalter)” (Ausschnitt)
National Gallery, London
Tiziano Vecellio (ca. 1490? – 1576), Meister der venezianischen Hochrenaissance.
„Die Anbetung der Hirten” (Ausschnitt)
Metropolitan Museum of Art, New York
El Greco (ca. 1541 – 1614), spanisches Malgenie; inbrünstige Religiosität; unverwechselbare Handschrift, exaltiertester Manierismus. Stammt von der ägäischen Insel Kreta, daher sein Rufname.
„Die Anbetung der Hirten” (Ausschnitt)
Santa Trinità, Florenz
Domenico Ghirlandaio (ca. 1449 – 1494), ein „Sonntagskind”, florentinischer Renaissancemeister, Lehrer Michelangelos.
„Christus, der gute Hirte”
Museo del Prado, Madrid
Bartolomé Esteban Murillo (ca. 1617 – 1682), spanischer Barockmaler (Sevilla). Seine Figuren zeichnen sich durch eine tiefe seelische Durchdringung aus.
„Johannes der Täufer” (Ausschnitt)
Öffentliche Kunstsammlung, Basel
Caravaggio (ca. 1573 – 1610), italienischer Barockmaler (Rom, Neapel, Sizilien). Heißblütige Persönlichkeit, Hell-Dunkel-Malerei von dramatischer Wucht.
„Die Heimkehr des verlorenen Sohns” (Ausschnitt)
Eremitage, St. Petersburg
Rembrandt Harmensz van Rijn (ca. 1606 – 1669), holländisches Malgenie der Barockzeit. Transzendentales Licht durchflutet seine Bilder.
„Die büßende Maria Magdalena” (Ausschnitt)
Rijksmuseum, Amsterdam
Dirck Gerrit Bleker (ca. 1621 – ca. 1679), holländischer Barockmaler in Amsterdam.
„Die büßende Magdalena” (Ausschnitt)
Metropolitan Museum of Art, New York
Georges de La Tour (ca. 1600 – ca. 1652), eigenwilliger französischer Barockmaler in strengen Farben und Formen; überwiegend Nachtszenen, die von Kerzenlicht mystisch erleuchtet werden.
„Jüngling mit Fruchtkorb” (Ausschnitt)
Galleria Borghese, Rom
Caravaggio (ca. 1573 – 1610), Beschreibung siehe oben.
„Christus segnet die Kindlein” (Ausschnitt)
Privatbesitz
Lukas Cranach der Jüngere (1515 – 1586), wuchs als Sohn des berühmten Lukas Cranach dem Älteren, Freund Martin Luthers, in Wittenberg auf. Führte das malerische Werk des Vaters fort, sofern ihm das seine zahlreichen Ämter erlaubten.
„Das Weltgericht” (Ausschnitt)
Museo di San Marco, Florenz
Fra Angelico (ca. 1387 – 1455), Dominikanermönch, von der verinnerlichten sienesischen Malerei beeinflusst. Zwischen der ausklingenden Gotik und der Frührenaissance stehend.

Äußerst filigrane Darstellung des Überirdischen, reiche Verwendung von Rot, Blau, und Gold. Rot und Blau sind in der malerischen Tradition die Gewandfarben Jesu, Gold symbolisiert das himmlische Jerusalem.

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• Intuitionsschulung einmal ganz anders •


ie Intuition weiß alles, denn sie wird direkt aus höchsten Quellen gespeist. Das Problem vieler Menschen ist ein mangelhafter Anschluss, der oft die Verbindung blockiert. Erst wenn der Schlüssel exakt ins Schloss hineinpasst, können wir die Eingangstür entriegeln - - und bekommen Zugang zu einer anderen Welt. Es geht um eine perfekte Verbindung! Sie erst ermöglicht uns, Auskunft zu allen wesentlichen Lebensfragen einzuholen.

Ich erinnere mich noch daran, wie ich als kleiner Junge einmal wissen wollte, wie hoch der Eiffelturm denn eigentlich sei. Niemand konnte es mir sagen, und so überlegte ich hin und her, her und hin – bis mir blitzartig eine Idee kam: »die Auskunft!« Doch bevor ich zur Tat schreiten konnte, wurde ich von meinen Eltern über die begrenzten Möglichkeiten der Telefonauskunft in Kenntnis gesetzt, so dass ich sehr enttäuscht war. Was war das für eine Auskunft, die nichts wusste außer Telefonnummern? Tief in mir ahnte ich wohl damals schon, dass es da irgendwo etwas geben müsse, eine Art Instanz, die alles weiß. Heute haben wir Google. Google weiß sehr viel. Doch die Intuition weiß mehr.

Nur ein quietschendes Rad wird geölt, und nur dem, der anklopft, wird auch aufgetan. Wir müssen mit der Intuition kommunizieren, ihr die richtigen Fragen stellen, und uns immer wieder vom Lärm der Welt zurückziehen; denn nur, wenn wir die Stille suchen, entgehen wir der Gefahr, die feine Stimme der Intuition zu überhören. Jede Entscheidung, und sei sie noch so klein, können wir intuitiv fragend und bittend überprüfen: „was sollte ich jetzt wirklich tun?”. Die interessanteste Frage aber ist und bleibt seit jeher die nach dem „wer bin ich?” – denn das größte Rätsel ist der Mensch am Ende für sich selbst.

(Umlaute bitte als Doppellaute wie z.B. „ae” eingeben)

Intuitive Menschen sind oft ausgeprägt musikalische Menschen. Das liegt mit Sicherheit daran, dass die Intuition Merkmale aufweist, die der Musik sehr ähnlich sind. Sie sind beide der materiellen Welt enthoben, in dem Sinne, dass sie nicht an Raum und Zeit gebunden sind, und sie erreichen uns beide nur auf der gefühlsmäßigen Ebene. Ausschließlich im Hier und Jetzt vermögen sie sich uns mitzuteilen – doch nur, wenn wir auch wirklich hinhören, und das will gelernt sein. Wozu haben wir denn Kunst und Kultur im Übermaß?

Mit Fleiß und Ausdauer kann jeder Mensch die Liebe zur Musik entwickeln, und sie wird es ihm reichlich danken – mit einer Intensivierung seiner gesamten Gefühlswelt. Und so wird eines Tages jedes Erdenkind befähigt sein, seine eigenen Empfindungen musikalisch adäquat zum Ausdruck zu bringen. Ist wahrhaft empfundene Musik nicht immer ein getreues Spiegelbild der Seele? Freude und Leid, Elend und Glück, ja alles, was ein irdisches Seelenleben ausmacht, formt auch die flüchtigen Gebilde unserer Fantasie; doch ein Kunstwerk kann erst dann entstehen, wenn sich diese flüchtigen Gebilde, vom schöpferischen Ausdruckswillen eines zielstrebigen Künstlers gebändigt, dauerhaft manifestieren. Schöpfertum in ihrer höchsten Entwicklungsstufe erweitert die Intuition zur Inspiration, zum direkten Schöpfen aus der heiligen Quelle, und daran erkennen wir die wahre Kunst: dass sie sich der Vergänglichkeit alles Irdischen entzieht.

Wie schulen wir nun unsere Intuition mit Hilfe der Musik?

 

Bevor wir dies an einem konkreten Beispiel nachvollziehen, sei noch etwas zu den Wechselwirkungen von Musik und Seele gesagt. Gerade klassische Musik besitzt die Eigenschaft, fein nuancierte Gefühle im Hörer zu assoziieren. Doch inwieweit wir beim Anhören eines Musikstücks zur Musik, und damit selbstverständlich auch zum Schöpfer derselben, in Resonanz zu treten vermögen, bestimmen ausschließlich jene Erfahrungen, die unsere eigene Seele im Verlauf ihrer langwierigen Entwicklung gespeichert hat. Musik, als schwingendes Ebenbild ihres Erschaffers, gibt wie ein Seismograph jene Erschütterungen wieder, denen ihr Seelenträger permanent ausgesetzt ist, und überträgt diese, als schwingendes Medium, auf die Seele des Hörers. Nicht die Schallwellen sind es, die uns anzusprechen vermögen, sondern die ihnen überlagerten feinstofflichen Schwingungen, die die Messinstrumente der Physiker zur Zeit noch nicht anzuzeigen vermögen. Diese feinstofflichen Schwingungen sind es auch, die in uns die Gefühle der Zuneigung oder der Abneigung für diese oder jene Musik hervorrufen: so öffnet sich unsere Seele einem musikalischen Werk nur dann, wenn beider Frequenzmuster eine passable Schnittmenge bilden; ansonsten bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich zu verschließen, oder, im besten Fall, neutral zu bleiben.

Daraus folgt: nicht jeder hat einen passenden Schlüssel für die Musikschätze dieser Welt.

»Den Schlüssel! Hast Du einen, der passt?«

Hier nun das konkrete Beispiel: einem Musikstück soll das richtige Bildportrait auf einem Rollfilm zugeordnet werden. Zweiundzwanzig Gesichter, zweiundzwanzig Persönlichkeiten, zweiundzwanzig mögliche Urheber. All diese Menschen lebten im 19. Jahrhundert, einige von ihnen wurden berühmt, andere sind dagegen eher unbekannt; und auch nicht alle hatten mit Musik zu tun.

Ihre angezeigten Namensinitialen geben zwar dem Kulturbeflissenen erste Hinweise, doch „wissen”, wer der oder die Richtige ist, können wir letztendlich nur mit Hilfe unserer Intuition – und unserer Menschenkenntnis.

Also, nach dem Start beginnen Rollfilm und Musik gleichzeitig, und die Gesichter ziehen an uns vorüber, immer wieder; lassen wir uns ruhig genügend Zeit – solange, bis wir ein klares intuitives Gefühl verspüren, welches Gesicht zu diesem ausgewählten Musikstück passt (wir spüren dies umso besser, je präziser wir fragen, bspw.: „schrieb dieses Stück ein Mann oder eine Frau?”).

Haben wir uns für ein Gesicht entschieden, und diese Entscheidung mehrmals überprüft, dann stoppen wir den Rollfilm mit einem einfachen Klick auf das entsprechende Gesicht – natürlich nur, wenn die Wahl auch wirklich richtig war. Ansonsten läuft der Rollfilm solange weiter, bis wir den richtigen Schlüssel gefunden haben. Nun, seid ihr bereit?

Rollfilm starten . . .

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Ein ganzer Kosmos an Gefühlen wohnt dieser Musik inne. Wenn sie uns innerlich bewegt, so löst sie Resonanzen in uns aus, weil wir den passenden Schlüssel dazu in der Hand halten. Den Schlüssel aber formen wir in unserer Seele, die voll Tapferkeit in die Tiefen und Weiten des Lebens vorstößt, durch all ihre Erscheinungen auf der Erde hindurch. Wie schön hat Franz Grillparzer, der große österreichische Dramatiker (1791 – 1872), sein musikalisches „Schlüsselerlebnis” in Worte gefasst, als er Clara Wieck (die zukünftige Madame Schumann) mit Beethovens „Appassionata” in Wien erleben durfte!

(Wien, Jänner 1838, drittes Konzert: was bisher kaum ein Pianist gewagt hat, wagt die 18-jährige Clara: sie tritt mit Beethovens großer F-Moll Klaviersonate op. 57, der stürmisch-leidenschaftlichen „Appassionata”, vor das Wiener Publikum [Beethoven starb 11 Jahre zuvor])

So formt der Schlüssel, den wir in uns tragen – und an dem wir unablässig feilen – all das, was auch für andere als Manifestation unserer Persönlichkeit erlebbar wird: die Art, in der wir sprechen, der Klang unserer Stimme, die Erscheinung unserer Körperschablone – und natürlich genauso unser holdes Angesicht. Ein geflügeltes Wort sagt nicht von ungefähr: »die Augen sind das Fenster zur Seele.«

So schaut hinein, bis auf der Augen tiefsten Grund!


 
Nun, meine Damen, meine Herren, schreiten wir zur Damen – respektive Herrenwahl.

Anleitung:

Die Herren der Schöpfung lassen sich mit gedrückter Maustaste den Damen zuordnen. Magnetische Anziehungskräfte wirken nach dem Loslassen der Maustaste zwischen den Richtigen, magnetische Abstoßungskräfte verweigern sich hingegen den Unpassenden.

Ganz genauso wie im richtigen Leben!

Paare neu durchmischen

So haben sich die Richtigen gefunden. Zwei Menschen, die seelisch zueinander passen, lernen voneinander und gehen „Hand in Hand”. Sie potenzieren ihr seelisches Vermögen: 2² x 11 Paare = 44, die magische Schwingungszahl der Seele. Ein Multiplikator, der ahnen lässt, welch gewaltiges Potenzial in der harmonischen Zusammenarbeit der „Richtigen” steckt. Wählerisch sein, heißt hier die Devise!

Nicht jedem sind die Namen dieser Paare (eine rein persönliche Auswahl) noch geläufig. Es waren Seelengemeinschaften, die sich gegenseitig inspiriert und zu höchsten künstlerischen Leistungen angespornt haben. Unser Kulturleben profitiert nachhaltig von ihnen. Rufen wir uns ihre Namen in Erinnerung:

  1. Ludwig und Malwina Schnorr von Carolsfeld schrieben Musikgeschichte als „Tristan” und „Isolde” in der Uraufführung von Wagners heißblütigem Liebesdrama gleichen Namens, mit dem der Komponist musikalisches Neuland betrat. Der stimmgewaltige Sänger, in den Wagner die allergrößten Hoffnungen gesetzt hatte (er nannte dessen Leistung einfach nur: «Vollendet!»), starb 5 Wochen nach der Uraufführung (München, 1865) mit 29 Jahren. Wagner war wieder einmal am Boden zerstört (wie schon so oft in den jahrelangen Querelen bis zur Uraufführung) – und ebenso Malwina, die nach dem Tod ihres Gatten umgehend ihre Sängerlaufbahn beendete.

  2. Clara und Robert Schumann sind zum Synonym für die romantische Künstlerliebe schlechthin geworden. Musik war die reine, edle Sprache ihrer Herzen. In den Jahren ihrer tapfer errungenen Seelengemeinschaft erlebten sie sowohl höchste Glückseligkeit als auch tragisches Leid, die dem Werk und Wirken dieser Persönlichkeiten eine dramatische Vertiefung ermöglichte. Der Dritte im Bunde ihrer Freundschaft war Johannes Brahms, dessen Musik durch liebende Entsagung neue Dimensionen der Verinnerlichung erfuhr.

  3. Gegensätze ziehen sich an. So war das auch bei George Sand und Frédéric Chopin. Hier der feinfühlige Komponist, der filigranste Meisterwerke schuf, und – trotz seiner schwächlichen körperlichen Konstitution – als Pianist das Klavierspiel revolutionierte, dort die „Femme fatale” mit dem männlichen Pseudonym, die als Schriftstellerin erfolgreich war, und sich über alle gesellschaftlichen Konventionen hinwegsetzte. Wer war Mann, wer war Frau? Niemand wusste das genau. Auch Chopin nicht: „Est-ce vraiment bien une femme?” schrieb er sichtlich verwirrt an einen Freund, nachdem er die zigarrenschmauchende und hosentragende Lady kennengelernt hatte. Ganz Europa war über dieses Paar entsetzt und rümpfte die Nase. Ohne Zweifel war diese Künstlergemeinschaft ungeheuer anregend, und doch auch aufreibend zugleich; vor allem aber bereitete sie den Boden für das, was uns heute als so selbstverständlich erscheint: sich mutig so zu geben, wie man wirklich ist, und die eigenen Gefühle zu leben, ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Belange.

  4. Edelste Liebe ist seelische Liebe. Sie transformiert gewöhnliche menschliche Leidenschaften in ruhige Gefühle der Geborgenheit. In ihrer unmittelbaren Umgebung stiftet diese Liebe wahren Frieden, weil sie den anderen nicht besitzen will. Pauline Viardot-García und Iwan Sergejewitsch Turgenjew war diese Seelenkraft in hohem Maß zu eigen. Der selbstbewusste Viardot, der eine glückliche Ehe mit Pauline führte, brauchte den großen russischen Novellisten Turgenjew als Rivalen für seine weltberühmte Frau (»Primadonna assoluta«, Pianistin, Komponistin, und Gesangspädagogin) beileibe nicht zu fürchten. Turgenjew kam nicht in ihr Haus, um ihre Ehe mit vier Kindern zu gefährden. Er kam als Freund, der selbstlos zu lieben weiß, und folgte dem Ehepaar, das ihn als verwandten Geist magisch an sich zog, quer durch Europa. Es wuchs ein dauerhaftes Freundschaftsband heran, von dem alle profitierten (so trug bspw. Louis Viardot durch seine Übersetzungen dazu bei, die russischen Schriftsteller in Frankreich bekannt zu machen). Viardot und Turgenjew starben im Abstand von wenigen Tagen im Jahr 1883, Pauline überlebte sie um nahezu drei Jahrzehnte. Mit Clara Schumann war Pauline lebenslang eng befreundet.

  5. Ein Vorbild an geschwisterlicher Liebe tritt uns in Fanny Hensel, geborene Mendelssohn, und Felix Mendelssohn Bartholdy entgegen. „Mein liebster Fenchel . . .” – so begann Felix für gewöhnlich einen Brief an seine Herzensschwester. Ihre zahlreiche Korrespondenz zeugt von einem zärtlichen Seelenband, das auch der Tod nicht trennen konnte. Als Fanny frühzeitig und völlig überraschend während einer Orchesterprobe für ein Werk ihres Bruders starb, folgte ihr Felix nur wenige Monate später in den Tod. Beide hinterließen jeweils eine eigene Familie. Fannys Stern als Komponistin (sie schuf u. a. 250 hervorragende Kunstlieder) ist immer noch im Aufsteigen begriffen. Gut 150 Jahre hat es gedauert, bis man das musikalische Vermächtnis von Fanny Hensel als gleichrangig neben das ihres Bruders Felix stellt.

  6. Anna Risi war Anselm Feuerbachs Modell, Geliebte, und sein idealisiertes Abbild höchster göttlicher Schönheit. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, wurde sich diese anmutige Römerin erst durch Feuerbachs Verehrung mehr und mehr ihrer Schönheit bewusst – und des goldenen Käfigs, in den sie Feuerbach eifersüchtig eingesperrt hatte. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen, und Nanna, wie sie Anselm zärtlich nannte, entfloh. Das schlug dem Maler eine tiefe Wunde, denn er empfand ihre Flucht als Versündigung an seinem Genius. Als Modell mit einer wahrhaft würdevollen Ausstrahlung inspirierte Anna Risi Anselm Feuerbach zu den erhabensten Portraits, die die Menschheit besitzt.

  7. Wenn im August jeden Jahres der Höhepunkt des deutschen Kulturlebens, die Bayreuther Festspiele, stattfinden, so sind damit untrennbar die Namen zweier schillernder Persönlichkeiten verbunden: Cosima und Richard Wagner. Cosima, die Tochter von Franz Liszt und der Gräfin Marie d’Agoult, war es, die das Lebenswerk Richard Wagners fest und nachhaltig im Bewusstsein der Menschen verankert, und nahezu ein halbes Jahrhundert die Geschicke von Bayreuth als internationale Festspielstadt gelenkt hat. Stark genug, um sich aus ihrer ersten Ehe mit dem großartigen Pianisten, Dirigenten, und Wagnerverehrer Hans von Bülow zu lösen, bekannte sie sich trotz stärkster gesellschaftlicher Widerstände zu ihrer Liebe zu Richard Wagner, dem genialen Schöpfer des neuzeitlichen Musikdramas (auch Cosimas Vater, Franz Liszt, der Hans von Bülow sehr schätzte, war anfänglich über die Beziehung seiner Tochter zu Wagner nicht glücklich). Hans von Bülow musste indess schmerzlich lernen, loszulassen und zu verzeihen. Er heiratete später eine Frau, die Cosima sehr ähnlich war. Doch Mut wird belohnt, und so fanden Cosima und Richard endlich Seelenfrieden, wovon die Villa „Wahnfried” in Bayreuth noch heute kündet.

  8. Camille Claudel und Auguste Rodin waren äußerst eigenwillige Persönlichkeiten, die sich, über alle zermürbenden Auseinandersetzungen hinweg, im Ineinanderaufgehen in einer Seelengemeinschaft – nur und allein ihrem Genius verpflichtet – zu höchsten künstlerischen Leistungen emporgeschwungen haben. Ihre bildhauerischen Arbeiten sind unvergleichlich beseelt, zärtlich und kraftvoll, männlich und weiblich zugleich, und man bekommt den Eindruck, als ob sie von vier Händen derselben Seele aus dem Marmor geschlagen wurden. Ein Jahrzehnt (1883 – 1893) hielt diese Gemeinschaft die ungeheuren Spannungen ihrer Beziehung aus, bis Camille Claudel erschöpft den Rückzug antrat. Sie resignierte, doch ohne Rodin wich auch der gute Geist von ihr, gerade ersteinmal dreißig Jahre alt. Sie zerstörte einen Großteil ihrer Werke – und sich selbst. Die letzten Lebensjahrzehnte verbrachte sie in psychiatrischen Anstalten.

  9. Susette Gontard und Friedrich Hölderlin war nur eine kurze Zeit des gemeinsamen Glücks vergönnt. Als Ehefrau eines gutsituierten Bankiers in einer reinen Konvenienzverbindung begegnete Susette dem ätherischen Dichter in ihrem eigenen Haus. Ihre Kinder waren ihm als Hauslehrer anvertraut, und Susette manövrierte sich unversehens in eine auswegslose Situation hinein. Hölderlin ward ihr zum Schicksal, doch die Liebenden mussten schon bald voneinander scheiden. Als „Diotima” ging Susette in Hölderlins Werk ein, der sie zu seinem höchsten geistigen Ideal werden ließ. Siebzehn Briefe sind von Susette erhalten. Zusammen mit Hölderlins Spätwerk sind sie ein bewegendes Zeugnis tiefer, edler Gefühle zweier Liebenden. Zwei Jahre nach ihrer letzten Begegnung mit Hölderlin starb Susette, und auch der Dichter hauchte schon bald seinen Geist aus. Nahezu vier Jahrzehnte verbrachte Hölderlin in geistiger Umnachtung in Tübingen, wo er auch begraben liegt.

  10. Gräfin Marie d’Agoult war die „grande Passion” von Franz Liszt, dem „Paganini des Klaviers”. Als Komponist Verbündeter Richard Wagners, als Künstler von Frauen umschwärmt, war Marie sein Fixstern, der ihm während seiner rastlosen Wanderjahre als Virtuose einen ruhenden Hort der Geborgenheit schenkte. Als Schriftstellerin nannte sie sich „Daniel Stern”, als liebende Mutter schenkte sie unter anderem Cosima, der späteren Gattin Richard Wagners, das Leben.

  11. Amalia und Adalbert Stifter erinnern uns in ihrer Ehe an Wolfgang Amadeus Mozart und Constanze Weber. Deren von vielen begehrte Schwester Josephine wollte sich nicht mit Mozart begnügen, also begnügte sich Mozart mit Constanze; Adalbert Stifter hingegen konnte seine geliebte Fanny Greipel nicht bekommen, also ehelichte er die völlig unscheinbare Amalia. Eine gute Wahl! Während Fanny Greipel bei der Geburt ihres ersten und einzigen Kindes verstarb, war Amalia ihrem Gatten ein Leben lang treu und demutsvoll ergeben. Kinder wollten sich nicht einstellen, und so war es ein ruhiges Wachstum, eine leidenschaftslose Ehe, die Adalbert Stifter selbst als „glücklich” bezeichnete, und deren Charakter auch sein Werk als Schriftsteller bestimmt. Er hat ein Vermächtnis für die Ewigkeit gestiftet (da sprach sein Schöpfer: „Stift er was!” – und Adalbert nahm treulich seinen Stift zur Hand . . . ), das uns aufzeigt, was wahre Liebe ist: das Erkennen der Göttlichkeit in den kleinen, unscheinbaren Dingen, in allem Sein, in allem, was da lebt und webt; über Zeit, über Raum, und über das begrenzte, ichhafte Denken des Menschen weit hinaus. Seelische Liebe als Ernte permanenter Persönlichkeitsarbeit – Stifters Roman „Nachsommer” sei hiermit als Lektüre für stille Musestunden anempfohlen.

All diese Paare haben besondere Gefühle füreinander erlebt, und sie haben sich vor allem nach dem Wieso und Warum ihrer intensiven Gefühle gefragt. Auch wir sollten das heutzutage tun, um so mehr in den seltenen Fällen, wo wir diese magnetische Strahlkraft zwischen Menschen, die für einander bestimmt sind, spüren dürfen. Nur unsere Intuition kann uns dann sagen, was in solchen Situationen zu tun ist. Das kann sie aber nur, wenn wir mit ihr sprechen, und sie unermüdlich um Rat befragen.

So lernst Du, Deiner Intuition vollkommen zu vertrauen, gerade dann, wenn sie scheinbar Unmögliches von Dir verlangt.

»Was zögerst Du,
willst Du Dein Glück verschieben?
Der Himmel ist in Dir,
wenn Du ihn wirklich willst!«

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