• Virgin Queen • - Elisabeth I


Jahre dauerte ihre Regentschaft, und als sie das Zepter aus der Hand gab, verbeugten sich die Lords und Councells, die Earls und Gentlemen; sie knieten zu ihren Füßen, um ihre letzte Weisung demutsvoll entgegenzunehmen. Als „Farewell Speech” oder „Golden Speech” gingen ihre Abschiedsworte in die Geschichtsbücher ein, und sie sind es wert, über den angelsächsischen Sprachraum hinaus in den Herzen der Menschen anzuklingen. Gerade in der heutigen Zeit tut es den Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft gut, sich an großen Vorbildern zu orientieren. Verwirrung, Herz- und Orientierungslosigkeit im Denken und Handeln unserer Gesellschaft sind, wie jeher, das Anzeichen einer Entfremdung von Gott. Wir müssen wieder lernen, warum und wofür wir leben; wonach und wozu wir streben. Wer flüstert uns die Antwort zu? Der Wind, der Wind? Brachtest ein himmlisch’ Kind?

»Der Wind bläst, und du hörst sein Sausen wohl« sagt Jesus im Gespräch mit Nikodemus (Johannesevangelium, Kapitel 3, Vers 8), den
Wind als Symbol für das Wirken des Heiligen Geistes gebrauchend;

Elisabeth in jungen Jahren, bis zum zehnten Lebensjahr als „Bastard” aus der Reihe der offiziellen Thronanwärter ausgeschlossen.
Ihr Fehler: als Mädchen, und nicht als erhoffter männlicher Thronerbe, geboren zu sein.
Die Verhaftung und Überbringung in den Tower von London stand ihr zu jener Zeit noch bevor. In den bedrückenden Wochen im Kerker, den drohenden Tod wegen angeblicher Mitwisserschaft an einem Komplott vor Augen, sagte sie:

»Vor Dir, O Gott, bekenne ich, dass ich keinen anderen Freund als Dich allein habe.«

und schweres Schneegewölk hing über den Türmen der Kathedrale von Westminster, als Elisabeth dort am 15. Januar 1559 mit 25 Jahren zur Königin von England gekrönt wurde. Der Golfstrom brachte eine frische Brise aus Südwest, die ihr den Rücken stärkte, als sie den Thron bestieg – zaudernd? Oh nein, erschaudernd eher, denn sie erspürte jegliche innere Regung, und war sie noch so gering, präziser und deutlicher als andere Menschen, und so auch den Hauch und Odem des Heiligen Geistes, den wir gemeinhin die Intuition nennen. Ihre sorgsam kultivierte innere Stimme war ihr der untrügliche Wegweiser durch gefährliche Zeiten, war sie doch von Machthabern umgeben, die sie selbst an Leib und Leben, und ihr Königreich – von höheren Mächten ihr anvertraut – mit vereinten Kräften zu vernichten drohten. Es war die blutige Zeit der Gegenreformation.

Dem kriegerischen Streit um den rechten Glauben konnte sie indess nichts abgewinnen: »Es gibt nur einen Christus, Jesus, einen Glauben. Alles andere ist eine Debatte über Belanglosigkeiten.« Allen Intrigen und äußeren Anfechtungen zum Trotz trat sie beherzt und entschlossen vor die Welt, denn sie sei »vielleicht kein Löwe, aber eines Löwen Junges, und habe eines Löwen Herz«.

Sie ließ keinen Zweifel daran aufkommen, was sie als ihre ureigenste Lebensaufgabe ansah: ihrem Volk als von Gott zu seiner gehorsamen Magd auserwählten Regentin zu dienen, und Sein Reich und Seine Herrlichkeit auf englischem Boden zu errichten und zu bewahren.

Die jungfräuliche Königin war also über den Sinn und Zweck ihres irdischen Daseins genauestens im Bilde. Und Sie lässt es uns wissen, in sorgsam ausgewählten, goldenen Worten lässt sie uns am Geheimnis ihres segensreichen Wirkens teilhaben; ein Weben und Streben, das England aus Staub und Asche in lichte Höhen und reine Luft emportrug, und uns wie ihrem Volk den Weg zeigte, das Fenster zum Paradies zu öffnen.

Zum besseren Verständnis der „Goldenen Rede” (die erst im Nachhinein so benannt wurde) sei kurz der konkrete politische Anlass, der zur letzten Amtshandlung Elisabeths führte, geschildert: nach einer Proklamation der Königin zur Revision der umstrittenen Monopole begehren Mitglieder des Unterhauses, bei Elisabeth vorzusprechen.

Der Dreißigste des Novembers 1601; ihre Majestät erscheint in Staatsrobe im Sitzungssaal von Whitehall, der Sprecher [Vorsitzender des Unterhauses] von Hofräten begleitet, zwischen Edelleuten und Bürgern des Unterhauses, 140 an der Zahl, zu Füßen ihrer Majestät huldigend, dass sie so gütig und unverzüglich ihre Wünsche vernommen hat, und bereit ist, auf sie einzugehen, wie sie der Anhörung im folgenden kundtut.

»Herr Vorsitzender,
Wir nehmen Ihrer Aller Erscheinen als Dankesgabe an uns entgegen; wisset, dass ich sie mit nicht geringerer Freude gutheiße, als Eure Lieben das Bedürfnis haben, mir solch ein Geschenk zu offerieren, und es mehr wertschätze als alle Reichtümer, die wir zu taxieren wissen – außer Ergebenheit, Liebe, und Dank, denn ich halte sie für unbezahlbar – und obwohl mich Gott hoch erhoben hat, betrachte ich doch dies als Glanz meiner Krone, dass ich mit Euren Lieben regiert habe.

Dass Gott mich zu einer Königin gemacht hat, lässt mich weniger frohlocken, als vielmehr eine Königin von solch dankbaren Menschen zu sein – und der Geringste unter Gott zu sein, Euch in Sicherheit zu erhalten; Euch vor Gefahr zu bewahren, ja, das Instrument zu sein, Euch von Schmach, Schande und Niedertracht zu erlösen; Euch von Knechtschaft und Sklaverei unter unseren Feinden fernzuhalten; von grausamer Tyrannei, und von gegen uns gerichteter ungezügelter Unterdrückung: all dessen besser zu widerstehen, honorieren wir wohlwollend Eure beabsichtigten Hilfen, und sehen darin vornehmlich eine Offenbarung Eurer Liebe und Herzensgüte gegenüber Eurer Herrscherin.

Von mir selber darf ich sagen, dass ich nie irgendeine gefräßige Raupe Nimmersatt war, noch ein unnachgiebiger Fürst, noch bislang ein Verschwender. Mein Herz hing nie an weltlichen Gütern aller Art, außer am Wohle meiner Untertanen. Was Ihr mir erweist, will ich nicht horten, sondern empfangen, um es Euch erneut zu erweisen; ja meine eigenen Besitztümer betrachte ich als die Eurigen, verwendet sie zu Eurem Wohle, und Eure Augen werden Anteil an Eurem Wohlergehen haben.

Herr Vorsitzender, ich möchte Sie und alle anderen bitten, aufzustehen, da ich befürchte, dass ich Ihnen noch mit einer längeren Ansprache zur Last fallen muss.

Herr Vorsitzender, Sie erweisen mir Dank, aber es ist an mir, Ihnen zu danken, und ich betraue Sie damit, dem Unterhaus meinen Dank abzustatten, denn wenn Sie mich nicht in Kenntnis gesetzt hätten, wäre mir versehentlich ein Irrtum unterlaufen, nur aufgrund mangelnder Information.
Nie gab ich in der Zeit als Königin meine Feder für irgendeine Bewilligung her, Vorwand und Anschein ausgenommen, die nicht im allgemeinen dem Wohl und Nutzen meiner Untertanen gedient hätte, außer einer privaten Zuwendung an einige meiner ehemaligen Bediensteten, die mir stets treu zur Hand gingen: Doch dass meine Bewilligungen zum Bekümmernis meines Volkes gemacht, und zur privilegierten Willkür unter den Zeichen unserer verbrieften Rechte, das wird unsere Hoheitliche Würde nicht dulden. Als ich dies erfuhr, hatte ich keinen ruhigen Gedanken, bis ich die Sache überarbeitet hatte, und solche Knappen, liederliche Personen, Missbraucher meiner Gaben, sollen wissen, dass ich es nicht erdulde.

Und Herr Vorsitzender, sagen Sie dem Haus von mir, ich nehme es überaus mit Dankbarkeit, dass das Wissen um diese Dinge über ihre Mitglieder zu mir gelangte. Und obgleich unter ihnen die erstrangigsten Mitglieder privat nicht davon betroffen sind, und deshalb in keinster Weise von Gefühlen des Grams zu sprechen brauchen, haben wir bereits vernommen, dass andere Ehrenmänner auch aus diesem Haus, als freie Menschen, sich ganz frei in der Sache geäußert haben, was uns wissen lässt, dass keinerlei andere Empfehlungen oder Interessen sie veranlasst haben, als nur die Absicht, die sie hegen, keine Herabsetzung unserer Ehre, und der Liebe unserer Untertanen zu uns, zulassen.

Den Pflichteifer, dessen Liebe daraufgerichtet ist, meinem Volke Linderung zu verschaffen, und dessen Herzen mit den unseren zu verknüpfen, nehme ich in fürstliche Obhut, hoch über alle irdischen Schätze hinweg. Ich achte die Liebe meines Volkes, mithin mehr als ich begehre, sie nicht zu verdienen: Und Gott, der mich hierher gesetzt hat, und mich über Euch stellte, weiß, dass ich mich selbst nie mehr achtete, als dass Euer Wohlergehen in mir bewahrt ward; doch welche Gefährdungen, welche Machenschaften, und welche Anfeindungen auch hinter mir liegen – einige unter Euch, wenn nicht alle, wissen es: doch nichts davon bewegt mich, oder ließ mich jemals erschrecken, denn es ist Gott, der mich erlöst hat. Und während ich dies Land regierte, habe ich mir stets den letzten Richttag vor Augen gehalten, um so zu herrschen, wie ich gerichtet werde und vor einem höheren Richter Rede und Antwort stehe; vor seinem Richtstuhl lege ich Fürsprache ein, dass nie ein Gedanke in meinem Busen genährt ward, der nicht auf das Wohl meines Volkes abzielte.

Und wenn meine fürstlichen Gaben missbraucht wurden, und meine Bewilligungen zum Schaden meines Volkes gegen meinen Willen und meine Absicht gereichten, oder wenn irgendwelche in Amt und Würden unter mir das, was ich ihnen anvertraut habe, missachtet, oder umgemünzt haben, so hoffe ich, bei Gott, dass sie ihre Schuld nicht in meine Hände legen.

Ein König zu sein, und eine Krone zu tragen, erscheint Ihnen ruhmreicher, als sie zu sehen, und folglich denken sie, es sei ein Vergnügen, sie zu tragen: was mich angeht, so liess mich der ruhmreiche Titel eines Königs ziemlich kalt, ebenso die hoheitliche Autorität einer Königin, da ich mein Vergnügen darin fand, dass Gott mich um seiner Wahrheit und Herrlichkeit willen zu seinem Instrument gemacht hat, und dieses Königreich gegen Ehrlosigkeit, Schaden, Tyrannei, und Unterdrückung zu verteidigen; doch sollte ich etwas davon mir selbst zuschreiben, oder meinem schwachen Geschlecht, so wäre ich nicht wert zu leben, und von allen unwürdigst der Barmherzigkeit, die ich aus Gottes Händen empfing; so Gott allein die Ehre! Ihm nur ist alles zu verdanken und zuzuschreiben.

Die Sorgen und Nöte einer Krone kann ich nicht angemessener vergleichen als mit den Schmerzmitteln eines gelernten Mediziners, mit einem Hauch aromatischem Duft parfümiert, oder zu bitteren, vergoldeten Pillen verwandelt, wodurch sie angenehmer, oder weniger widerlich gemacht werden; da sie in der Tat bitter und widerwärtig zu nehmen sind; und was mich angeht, waren es nicht Gewissensgründe, mich von der Pflicht, die Gott auf mich gelegt hat – seine Herrlichkeit zu behaupten, und Euch in Sicherheit zu bewahren – zu befreien; meine eigene Gesinnung sollte es befürworten, den Platz, den ich einnehme, für jemand anderen freizumachen, und glücklich zu sein, vom Ruhm der Taten befreit zu sein – da es nicht mein Verlangen ist, länger zu leben, noch länger zu regieren, als mein Leben und meine Herrschaft zu Eurem Wohle sein soll. Und obgleich Ihr viele Fürsten auf diesem Amtssitz gehabt habt, und haben werdet, die mächtiger und kluger waren, habt Ihr doch nie welche gehabt – und werdet sie nicht bekommen – die Euch besser geliebt haben.

Somit, Herr Vorsitzender, empfehle ich mich all Ihren ergebenen Lieben, Ihnen und Ihrem weiteren Gremium meiner besten Fürsorge, und bitte Sie, Herr Aufseher, Herr Minister, und Sie, meine Berater, dass Sie – bevor sich diese Ehrenmänner in ihre Lande verabschieden – sie alle zu mir geleiten, mir die Hand zu küssen.«

Mit Engelszungen sprach die Königin zum letzten Mal zu ihren Untertanen, derer sie sich in dienender Liebe und Fürsorge ein Leben lang angenommen hatte. Im Verzicht auf privates Glück fand sie in der Teilhabe am Geschenk des Lebens, das unter ihren Händen zum Wohle aller erblühte, ihre Erfüllung. Nicht von ungefähr treiben seit Elisabeths Regentschaft Blumen aus dem einst kahlen Baumstumpf im Abzeichen ihrer Familie.

Unter ihrer schützenden Hand erblühten Dichtung und Poesie, und verbreiteten im ganzen Lande ihren zauberhaften Duft. Die Regentin liebte ihren Shakespeare – schätzte Spenser und Marlowe – doch wirklich schwere Stunden überwand sie in Gesellschaft ihrer Herzenströsterin, der heiligen Cäcilia: Musik war ihr die Nahrung, die sie nie verzagen ließ. Beherrschte sie nicht virtuoses Lautenspiel, und ebenso das Virginal mit seinen elfenbeinenen Tasten? Doch mehr noch schätzte sie den Wohlklang menschlicher Stimmen, der ihr aus den „Ayres” eines John Dowland, oder aus den „Balets” eines Thomas Morley, liebevoll entgegenströmte (Hörbeispiel von John Dowland, Come Away, Come Sweet Love – zum Abspielen den Play-Button anklicken).

England hatte eine Herrscherin gesehen, wie sie wohl rarer kaum zu finden ist. So ist das nun einmal mit Edelsteinen höchster Güte. Und wies sie nicht den Weg, den nun bereits so viele gehen? Denn von sich selbst sprach sie als Mann, als König, und als Fürst: Rollentausch heißt die Devise; den Männern eine Prise Weiblichkeit – genieße es, oh Weib, zumal Dir es beschieden ist, die Hosen klug zu tragen. Wir Männer zwinkern derweil mit den Augen, und freuen uns schon auf die Wachablösung: das Ende der jahrtausende währenden Vorherrschaft des Mannes, und den Beginn einer neuen Ära – eines Miteinanders, das vom gegenseitigen Verständnis und von der Zuwendung der Geschlechter getragen sein wird. Vor diesem Hintergrund verliert das Jahr 2012 all seine Schrecken, vielmehr erfüllt und stärkt es uns in der Hoffnung, und im Vertrauen darauf, dass alles, was geschieht, zu unserem Besten ist.




Lang sollst Du leben! - Dein 6940. Tag


nd hoch dazu. »Congratulations!« Unverhofft kommt oft. So ist das nun mal mit Geburtstagen. Einmal im Jahr, da trifft es jeden; ob jung, ob alt, ob groß, ob klein, Geburtstag haben, das ist fein. Und bist Du heute dran mit feiern, so sing ich fröhlich dir ein Lied: „Wie schön, dass du geboren bist, ich hätte dich sonst sehr vermisst . . .”

Wie wir unsere Geburtstage gestalten, das hängt von des Pudels Kern ab, der uns treibt. Der eine mag’s, im Mittelpunkt zu stehn, der andre flieht den lauten Ort. Es lebe die Toleranz!

»Man muss die Feste feiern wie sie fallen!« so sagt’s der Volksmund seit jeher, und so fallen sie uns reichlich in den Schoß – was mach ich bloß – denn Geburtstage und Jubiläen, Taufen und Hochzeiten, sowie vielerlei andere Anlässe in Verwandschaft und Bekanntschaft fordern uns geradezu heraus — uns einmal folgende Frage gefallen zu lassen: warum das Ganze? Wem tu’ ich den Gefallen? Empfinde ich’s als Freude oder wird es mir zur Qual? Das schöne ist, man hat die Wahl. Tut man es nur, weils jeder tut? Ich bitte dich, wo bleibt Dein Mut! Den anderen es recht zu machen, das nennt man gern eine „gesellschaftliche Verpflichtung”.

Was ist Wahrheit, was ist Dichtung? Verhelf uns Shakespeare zu mehr Licht. In seinem Lustspiel „Was Ihr wollt” bittet Olivias Diener Fabio den Narren des Herzogs um einen Gefallen.

FABIO: . . . Wenn du mich lieb hast,
laß mich seinen Brief sehen!
NARR: Lieber Herr Fabio, tut mir dafür
einen andern Gefallen!

FABIO: Was du willst.
NARR: Verlangt nicht, diesen Brief zu sehn!

Man sieht, da kommt man leicht in die Bredouille. Der Narr hält lächelnd uns den Spiegel vor, schaut nur hinein, wer lugt draus vor? Ein Tor, wer glaubt, von Eitelkeit ganz frei zu sein.

Wie könnten wir der Welt uns ganz entziehen, da wir ein Teil von ihr doch sind? Den Menschen freut der Mensch, mein Kind. Und Freude teilen, das vervielfacht sie. Wir schaffen Harmonie, wenn wir auf unsre Stimme hören. Sie warnt uns leise, wenn wir schwanken: zwischen Fanum und Profanum müssen wir entscheiden, jeden Tag. „Fest” oder „Feier”, beide Begriffe wurzeln im römischen „fanum”, das Heiligtum als den der Gottheit geweihten Ort bezeichnend. Und so hat jede Feier, und insbesondere ein Geburtstag, etwas Religiöses an sich. Das lateinische „Religio”, in seinem wahren Sinne, heißt Rückbindung; weit mehr bedeutet dies, als Rückbesinnung auf sich selbst — den Blick nach innen richtend, folgt er bald nach oben, um unsren Schöpfer hoch zu loben. Ihm verdanken wir es, dass wir sind; Schöpfer sind wir, als sein Kind. Weitet sie, die Herzenstüren! Unser Leben sei ein Fest und eine Feier. In der Stille. In der Fülle. Musik und Tanz begleite es.

»Caro mio ben«, liebstes Geburtstagskind! Sei gut zu dir. Und das Geschenk für Dich, das wartet hier solange, bis Du kommst . . .

Guter Zucker weckt unsere Lebensgeister.

Pralinen, die nicht dick machen. Dafür machen sie sehr klug. Damit kommt man durch alle Prüfungen, sei’s nun das Abitur oder sonst was. So wird schon alles gut, wenn man nur das Rechte tut. Vertraue ihm, dem Schicksal, das aus Shakespeares Feder spricht!




• Nachhilfe • - mein 17352. Tag


ibt es dumme Schüler? Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Mir ist in den vielen Jahren des Unterrichtens noch kein einziger begegnet. Aber es gibt ungeduldige Lehrer, und solche, die ihre Schüler überfordern — weil sie sich nicht genügend in den Schüler hineinzuversetzen vermögen.

Ob ein Schüler raschere oder langsamere Fortschritte macht, ob er eine schnellere Auffassungsgabe hat, oder eher zur Begriffsstutzigkeit neigt — das alles macht nicht seinen innewohnenden Wert aus, und wird dem unbeschränkten Potenzial, das er – einem ungeschliffenen Diamanten gleich – in seiner Seele trägt, beileibe nicht gerecht. Wollten wir ein Kind nach seiner Körpergröße messen? Einen Sportler nach seinen langen Beinen? Einen Zug nach seiner Geschwindigkeit? Das einzig wichtige ist, dass der Zug sein Ziel erreicht, sicher, ohne Entgleisung, und ohne falsche Weichenstellung. Und die Geschwindigkeit, mit der unser Lebenszug vorankommt, sollten wir selber frei bestimmen dürfen. Erst dann fühlen wir uns wohl und machen uns nicht unnötigen Druck.

Für begriffsstutzige Schüler gibt es besondere Unterrichtsformen. Sie sind, im Gegensatz zum kostenlosen Unterricht an allgemeinbildenden Schulen, kostenpflichtig. Nein, ich meine nicht das Nachsitzen nach der sechsten Stunde, sondern den Nachhilfeunterricht, wie ihn qualifizierte Lehrkräfte gegen eine entsprechende Gebühr erteilen. Ich habe mich für diese Form des Unterrichts entschieden; doch nicht als Lehrer, nein, vielmehr als begeisterter Schüler. Das Besondere an meinem Nachhilfeunterricht: es gibt keine festen Zeiten, und auch keine festen Räumlichkeiten. Deshalb ist es durchaus angebracht, für diese außergewöhnliche Unterrichtsform den Begriff der Tagesschule zu verwenden. Schließlich begleitet mich mein Lehrer den ganzen Tag. Und das Beste: Die Gebühr bestimme ich!

Den richtigen Umgang mit Energie lernen: die Tagesschule ist im Grunde unbezahlbar.

Gestern bezahlte ich 3,80 €, zögerlich zuerst, und mit zusammengebissenen Zähnen. Und das kam so . . .

Tagesschule vom vergangenen Donnerstag:

Zwischenbilanz:

  1. Die Nachlösefahrkarte und das überflüssige Telefonat ergeben aufsummiert die stolze Summe von 3,80 €. Auf einen Monat gerechnet sind das runde 120 Euro. Genug Geld – und Geld ist eine Form von Lebensenergie – um sich darüber Gedanken zu machen, wieso einem solch ein Betrag wie Sand durch die Hände rinnt.
  2. Ich liebe Blumen. Das weiss mein Nachhilfelehrer nur zu gut, denn er kennt mich; viel besser als ich jemals selbst mich kennen werde. Deshalb spricht er „durch die Blume” zu mir; bilderreich und assoziativ.
    • Zu spät! – der Zug ist abgefahren.
    • Zu spät! – der Bus ist weg.
    • Zu spät! – der Unterricht ist gelaufen.

    Alles klar? Seit Jahren weiss ich es, es geht um Anspannung und Druck, um selbstgemachten Stress und Überlastung.

    • Zu spät! – in den Feierabend.
    • Zu spät! – ins Bett.
    • Zu spät! – ins erholsame Wochenende.

    Wer zwingt mich denn zu Überstunden?

  3. Es dauert einfach seine Zeit, bis man sich mutig mehr und mehr von alten, eingefahrenen Denkmustern befreit. Mich mit anderen vergleichen? Konkurrieren? Besser sein wollen? Anerkennung und Erfolg, um jeden Preis? Über Bord damit! Ich bin
    es schließlich wert, dass ich gut zu mir selbst sein darf. Zeit heilt Wunden, sagt man. Heile, heile, Segen!

Hach, wie schön ist es,
entspannt und scherzend,
auch mein Nacken ist nicht schmerzend,
federnd durch den Tag zu gehen!

Am darauffolgenden Tag musste ich noch einmal dieselbe Zugstrecke fahren. Anscheinend hat sich an meiner inneren Einstellung etwas zum Guten gewendet. Der Aufzug fährt ohne Zwischenstopps durch, die Ampelanlage steht auf Grün. Alles klappt wie am Schnürchen. Was ich zu tun habe, geht gut. Mein Tagesthema heute: „MUT”. Zuletzt steht noch ein Einkauf an, beim Sizilianer in einem weißgekalkten, ehemaligen Weinkeller. Ein bißchen wie in Palermo, wie in den engen, quirligen Gassen der Altstadt.

»Ciao, come stai?« ruft er mir schon von weitem zu; mit seinen dunkeln, feurigen Augen schaut er vom Gabelstapler herunter. Gekonnt hievt er eine Palette mit saftigen Orangen hoch. »Abbastanza bene!« antworte ich, der übliche Spruch. Was hat er mir nicht alles schon geschenkt! Obst und Gemüse, was das Herz begehrt. Und die hochempfindlichen Khakis, die ich nie und nimmer heil nach Hause hätte bringen können, fuhr er mir bis an die Treppe, und machte mir noch einen Sonderpreis dazu.

Ich kaufe ein, und bezahle. 33,80 Euro. Als ich vollbepackt Richtung Bahnhof marschiere, kommen Zweifel in mir auf. Und immer ungutere Gefühle. 33,80 Euro! In Gedanken gehe ich die einzelnen Posten des Einkaufs noch einmal durch. Ich schaue normalerweise nicht auf die Preisschilder, weil ich so deutlicher spüren kann, was mein Körper wirklich haben möchte. Und ausserdem habe ich schon so oft eingekauft, dass ich über ein gutes Preisgefühl verfüge. 33,80 Euro! Das kann nicht sein. Ich komme, wenn ich großzügig rechne, auf maximal 25 Euro.

Ich lege alles, was ich eingekauft habe, vor mir auf den Schnee. Rechne drei, viermal zusammen. 22 €, 24 €, 25 €. Mehr kommt einfach nicht zusammen. Ich spüre überdeutlich, dass ich zurück muss. Oh Gott! Da hat man sich fröhlich verabschiedet, und allen ein schönes Weihnachtsfest gewünscht. »Arrivederci, auf Wiedersehen im neuen Jahr!« Meine Beine werden zu Blei. Mit gesenktem Haupt schleiche ich zurück. Was sage ich? Werde ich stottern und herumjapsen?

Der Capo macht große Augen, als er mich zurückkommen sieht. »Chef, da kann irgendwas nicht stimmen!« Er schickt mich gleich zu seiner Frau. Sie zuckt mit den Schultern, und fährt mit dem Finger den meterlangen Kassenbon ab, auf dem der komplette Tag eingetippt ist. »Vedi! Ecco i Litschi, 11 Euro!« Da wird mir alles klar. Eine Hosentasche voll Litschis, das Kilogramm für 28 Euro. Das sprengt bei weitem meinen Haushaltsetat. »Wenn ich das gewusst hätte – kann ich das rückgängig machen?« Nach einigem Hin und Her einigen wir uns darauf, dass ich eine Handvoll Litschis behalte, und bekomme dafür im Gegenzug acht Euro zurück. Ich strahle vor Glück. Sie entschuldigt sich tausendmal. »Non c’è un problema. Buona festa, e arrivederci.« Ich gehe wieder Richtung Bahnhof. Nein, ich schwebe. Eine unglaubliche Energie durchströmt mich. MUT tut unendlich gut. Reichlich spät, doch glücklich und aufgeladen komme ich nach Hause.

MUT ist das, was wir am dringendsten benötigen, um das zu ändern, was nun mal schwer zu ändern ist: uns selbst.

Mit Nachhilfe von „oben” geht’s bedeutend leichter.

Da muss man doch einmal den Lehrer loben.
Wo der wohl wohnt?
Ein Blick nach droben.
Lacht da ein Augenzwinkern mir zurück?
Ei Tagesschule, bring mir Glück!




Fliegt, meine kleinen Freunde! - mein 17296. Tag


a, was krabbelt denn da aus meiner schönen, warmen Yoga-Decke heraus? »Marienkäfer! – bringt das Glück? Wer weiss – ein Glück nur, dass euch beiden nichts geschehen ist. Nun denn, was mache ich mit euch? Ihr wolltet sicher überwintern.«

Was macht der kluge Mann in dieser Lage?
Ein Tier im Schuhkarton wird schnell zur Plage.
Und Zweie erst, in meinem Haus,
nein, nein, ich setz’ euch lieber aus.
Das Tierheim ist eh übervoll,
Herrgott, sag’ was ich machen soll!

Nach einigem Hin- und Her, und nach dem Durchspielen möglicher Alternativen setze ich die kleinen, zappelnden Käfer behutsam auf die Terrasse – es hat Frost gegeben, heute morgen — und übergebe sie somit dem Kreislauf der Natur. Bald werden sie erfroren sein, die Armen! Mein Mitgefühl, das haben sie, doch leiden, nein — das tu ich nicht.

Wie steht’s mit Ihrer Mitleidspflicht?

Vor allem Kindern und Frauen fällt es nicht leicht, in derartigen Situationen objektiv zu bleiben. Mitleiden, wenn andere leiden? Hilft’s denn, das Leid der Welt zu mindern? Wie sagen wir doch so schön: »Geteiltes Leid ist halbes Leid.«

Geht diese Gleichung auf? Dann müsste doch geteilte Freude halbe Freude sein. Unfug. Rein mathematisch betrachtet, verdoppelt das Mitleiden das ursprüngliche Leid. Leiden plus Leiden ergibt zweifaches Leid. Freuen plus Freuen ergibt zweifache Freude. Das gehört nun mal zum kleinen Einmaleins, obwohl es in der Grundschule noch immer nicht gelehrt wird.

Und falls sich Widerspruch in Ihnen regt: Mitleid und Mitgefühl sind durchaus nicht dasselbe. Wenn ich über Einfühlungsvermögen verfüge, so kann ich einem Menschen Mitgefühl entgegenbringen und ihm Trost spenden, ohne angesichts seiner Situation zu leiden. Bleibe ich innerlich vollkommen objektiv, so darf ich auch erkennen, ob Hilfe angebracht ist, und wenn ja, in welcher Form – denn Hilfe muss immer Anleitung zur Selbsthilfe sein, sonst hat sie keinerlei Wert.

Unsere Welt ist so angelegt, dass wir in vielerlei Entscheidungssituationen Objektivität entwickeln können. Da gibt es Prüfungen mit verletzten Tieren, da sitzen Bettler auf der Straße, da schauen uns schwarze Kinder mit aufgeblähten Bäuchen aus Plakaten entgegen, und allerlei anderes mehr. Wo man hinschaut, so viel Leid! Da hat es eine Kamera doch gut, denn die ist objektiv. Sie macht sich von der Situation ein Bild, klick, fertig, Schluß, und aus. Nicht mehr und nicht weniger. Keine Emotionen. Sie leidet nicht. Auch Gott, unser Schöpfer und Erhalter, leidet nicht. Er ist die vollkommene Objektivität – und die vollkommene Liebe, die keine Forderungen stellt. Seine Selbstlosigkeit kennt keine Grenzen, und deshalb hat er uns die Erde als „Bühne” zur Entfaltung unserer seelischen Werte geschenkt.

Objektivität ist die wichtigste Grundlage für uns Menschen, um das Leid auf der Welt zu vermindern. Verharren wir in Emotionalität und Mitleid, so gibt’s von oben nur eine Devise: »Mehr davon!« — denn Leidenschaft war schon immer das, was neues Leiden schafft. Verstehen Sie mich nicht falsch, Objektivität entwickeln bedeutet nicht, seine Gefühle einzubüßen — ganz im Gegenteil; doch werden sie viel ruhiger, transparenter, und angenehmer. Eine wunderbare innere Klarheit geht mit ihnen einher, und es fällt uns dann viel leichter, in der Balance zu bleiben — oder, wenn wir sie einmal verlieren sollten, wieder in unsere Mitte zurückzukehren.




Randnotizen - mein 17275. Tag


uerst das Wetter: frühlingshaft mild. Hei, hurra, Marienkäfer fliegen, eine Freude – im Oktober! Und sind sie nicht ein kleiner, putziger Glücksbringer? Tragt Glück und Frieden in die ganze Welt hinaus! Doch bringt mir Kunde von ihr mit, zu jeder Stunde. Strom der Liebe, heilend, trage euch auf sanften Schwingen; geselle sich zu ihm auf eurem Wege höchster Segen.

Quo vadis, Menschheit – sag, wo willst du hin? „Aegroto, dum anima est, spes est” – Für den Kranken besteht Hoffnung, solange er atmet (Cicero, Epistulae ad Atticum). Ist nicht der Weg das Ziel, wie wir so schön und oft genug betonen? Doch wenn das Ziel nicht fest und klar umrissen ist, dann geht es auf den Abgrund zu – sind wir denn eine Blinde Kuh?

Da ist Obama einem Treffen mit dem Dalai Lama aus dem Weg gegangen, wie man hört. Aus reiner Rücksicht auf China, wie die offizielle Stellungnahme verlautet. Oder weil er just sein Rückgrat schonen muss? Jeden Morgen in der Frühe schwitzt der Präsident an seinen Trainingsgeräten, und auch Übungen zur Rückenstärkung gehören zum alltäglichen Ritual. Ein Mensch mit Disziplin, weiter so! Das Rückgrat stärken, bringt das was? Nun denn, was hilft ein starker Bizeps? Man lässt gewaltig seine Muskeln spielen, und wenn’s denn sein muss, auch als Polizist der ganzen Welt. Dagegen hilft ein starkes Rückgrat jedem Erdenbürger, sich zu erheben, der Schwerkraft entgegen; und so wird man zu einem wahrhaft aufrechten, das heißt: aufrichtigen Menschen.

Foto: Chris Collins, Margaret Thatcher Foundation (CC-Lizenz)

Drei Buchstaben genügen, um das Ganze in ein Wort zu fassen: MUT! Das ist die Fähigkeit, entschieden NEIN zu sagen, entgegen den Erwartungen anderer Menschen, entgegen dem Druck von familiärer, gesellschaftlicher, politischer, oder – wie in diesem Falle – wirtschaftlicher Seite. Mut ist auf politischer Ebene eine ausgesprochene Rarität; mir fallen da spontan nur Margaret Thatcher oder Gerhard Schröder ein.

An ihrem MUT erkannten wir schon immer die ganz Großen der Geschichte, und nur zu oft ward ihnen ein beschwerlich’ Los beschieden; so brauchten sie ein starkes Rückgrat, um ihr Kreuz aufrecht zu tragen, Jesus Christus eingedenk. Und nun?

Ein neuer Abschnitt hat begonnen, das Zeitalter der Spiritualität. Auch Spirituelles Bewußtsein will entfaltet sein, und deshalb braucht es Galionsfiguren wie den Dalai Lama. Wie kein Zweiter strahlt er Güte und Toleranz aus, und im Umgang mit anderen Menschen offenbart sich seine bewundernswerte Ehrfurcht vor jeglichem Leben. Obama hätte ein Signal setzen können; doch war es noch nicht die rechte Zeit. Amerika muss erst reifen, und jeden wird man schleifen; gründlich und gut – Schlacken und Glut – sie werden verbrannt, denn das ist die Spreu; und übrig bleibt der Weizen, bestes Korn, ohne Dorn.

Weltweiter Friede ist nur eine Frage der Zeit, und wir dürfen ihn nicht erzwingen. Beginnen wir bei uns, in unserem Herzen. Und lassen wir uns vom Weltengetümmel nicht irre machen, denn „ . . . alle Wahrheit durchläuft drei Stufen. Zuerst wird sie lächerlich gemacht oder verzerrt. Dann wird sie bekämpft. Und schließlich wird sie als selbstverständlich angenommen . . .” (Arthur Schopenhauer).

Hier bei uns, in den deutschsprachigen Ländern, die das D-A-CH einer besseren Welt bilden, ist spirituell orientiertes Denken und Handeln bereits dabei, zum Allgemeingut zu werden. Die dritte Stufe, von der Schopenhauer spricht, wird bald erreicht sein. Freuen Sie sich! Sie leben wohl in der spannendsten Epoche aller Zeiten.