Herbstzeit, Einmachzeit - mein 17256. Tag


äumchen, rüttel dich, Bäumchen, schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich! – Äpfel und Birnen, Mirabellen und Pflaumen, Renéeclauden und Zwetschgen fallen uns jetzt in den Schoß. Haben Sie den großen Einmachtopf schon aus dem Keller geholt und entstaubt? Wer jetzt Fleiß an den Tag legt, schafft sich Freude für den Winter – was gibt es schöneres, als in der Dunkelheit des Abends eine Kerze anzuzünden, ein Glas Zwetschgenkompott zu öffnen, mit seiner Nase den Duft von Anis, Zimt, und Bourbonvanille zu streifen, einen Klecks Schlagobers unterzurühren, und das, wenn es draußen stürmt, friert und schneit? Ein wohltuende Erinnerung auch an die wärmenden Sonnentage, deren Lichtenergie in den eingekochten Früchten gespeichert ist. Pflaumen- und Zwetschgenkompott hilft im frischkostarmen Winter besonders, den Säure-Basen-Haushalt zu regulieren, indem es eine feine Asche bei der Verstoffwechslung im Körper hinterläßt, die bei der Säurenausscheidung behilflich ist.

 

Die Arbeit, die man sich mit dem Einkochen machen muss, ist eigentlich recht gering. Äpfel und Birnen werden einfach kühl gelagert, das Steinobst gewaschen, von Blättern und Stielen befreit, und hinein in den Topf damit! Man muss das Steinobst nicht unbedingt entkernen, wenn man dann beim Verzehr nicht vergißt, daran zu denken – denn ansonsten könnte ein Besuch beim Zahnarzt vonnöten sein. Nach Lust und Laune Gewürze hinzufügen, wenige Minuten schonend kochen, und, solange es noch heiß ist, in saubere Schraubgläser randvoll abfüllen, fertig. Was unsere Großmütter damals noch alles zwecks Haltbarkeit gemacht haben, ist eigentlich vollkommen überflüssig: Sie benötigen weder Gelierzucker noch Adeckpapier, weder Desinfektionsmittel noch Spiritus (den meine Oma immer vor dem Verschließen des Glases obendrüber geleert und angezündet hatte); keimfrei bekommen Sie das Glas niemals im Leben, und Schimmel kann sich nur dann bilden, wenn Luft im Glas verbleibt; deshalb: randvoll auffüllen und gleich zudrehen. Wenn der Deckel richtig sitzt, ist Haltbarkeit bis zum nächsten Jahr überhaupt kein Thema.

Und noch ein Wort zum Thema Keime: mit jedem Atemzug gelangen Milliarden von ihnen in Ihre Lunge, und damit in den Blutkreislauf. Keime, oder wie man auch sagt, Mikroorganismen, sind Kleinstlebewesen, ohne deren tätige Mithilfe kein Mensch lebensfähig wäre. In unserem Darm fühlen sie sich besonders wohl, und, je gesünder wir sind, desto stärker besiedeln sie unsere Darmwand, um uns immun gegen allerlei Krankheitserreger zu machen. Ob sich Mikroorganismen auf uns positiv oder negativ auswirken, ob sie für oder gegen uns arbeiten – und damit stärken oder schwächen – hängt sehr stark von unserer inneren Einstellung ihnen gegenüber ab.

Übertriebener Putzfimmel und Hygienewahn, leichtfertiger Gebrauch von Antibiotika und Desinfektionssprays sind Indikatoren, die anzeigen, dass wir uns im Vernichtungskrieg mit den natürlichen Keimen in unserer unmittelbaren Umgebung befinden. Die guten, förderlichen Keime wollen dann nicht mehr bei uns sein, weil sie es in solch einem unnatürlichen, klinisch reinen Milieu nicht aushalten können. Leben braucht Leben – Antibiotika (anti bios == gegen das Leben) sind da wirklich keine gute Wahl.

Intelligente, lebensfördernde Keime gibt es kostenlos und rezeptfrei in frischer Regenluft: vor allem jetzt, wenn der Herbst beginnt, und die Blätter fallen, bilden sich bei deren Zersetzung auf dem feuchten Waldboden wertvolle Bakterien, die man ansonsten in der Apotheke erstehen müsste: Bazillus subtilis nennt sich ein Hauptvertreter dieser Gattung – und haben Sie keine Angst vor ihm, nur weil es ein Bazillus ist – er hat sie gern, und nichts dagegen, wenn Sie ihn mit Füßen treten. Spazieren Sie durch das abgeworfene Blätterkleid am Boden, und wirbeln Sie es auf! Ihre Abwehrkräfte werden es Ihnen danken.