Frisch ans Werk - mein 17245. Tag


lles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei . . . – so reimte einst schon Stefan Remmler, und etwas poetischer formulierte es Hermann Hesse:

„Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben . . . ”
(aus seinem berühmten Gedicht Stufen)

Urlaub vorbei, der Alltag ruft: 14 Tage Aufladung in den Bergen liegen hinter mir – und das war meine Rettung. Alle Akkus prall gefüllt, Reservebatterien eingebaut, so geht man freilich wieder anders durch die Welt; aufrecht, federnd, leicht, und doch mit festem Schritt.

Einige Impressionen

Dem Himmel ent- gegen: in Höhen über 2.000 Meter befreien sich Kör- per und Geist von unzähligen Schwingungen, die uns im Alltag schwächen – Elektrosmog, Handystrahlung, Lärm, und Luft- verschmutzung. Dafür tankt man völlig natürliche Radioaktivität und unverletztes Prana, wie die Inder die Lebensenergie nennen, die aus dem Kosmos auf die Erde einstrahlt. Da jubeln die Körperzellen und wollen Kopf stehen!

Mächtige Turbinen zwischen beklemmenden Felswänden: in der Höllentalklamm ionisieren tosende Wasserkaskaden und -fälle die Luft. Diese sprüht vor Elektrizität, und man kann das Britzeln auf der Haut und beim Einatmen spüren. Wer bei Regen die Höllentalklamm durchsteigt, kommt mit rundumerneuerten Lungen zurück. Gummistiefel und Taucheranzug sind dann allerdings zu empfehlen; so schlau werde ich das nächste mal sein, denn fürs erste war ich vollkommen durchnässt – trotz wasserdichten Schuhen und schwerer gewachster Regenjacke.

Man fühlt sich beim Durchwandern der Klamm unwillkürlich an Dante’s Inferno erinnert, an dessen visionäre Darstellung eines abgründigen Jenseits mit seinen jammervollen Gestalten, denen sich die Pforten des Paradieses auf immer verschließen: „Di subito drizzato gridò: »Come dicesti? elli ebbe? non viv’elli ancora? non fiere li occhi suoi il dolce lome?«” („Jäh auffahrend schrie er: »Was hast du gesagt? Verachtete? Lebt er nicht mehr? Trifft seine Augen nicht mehr das süße Licht?«”). Und man richtet seinen Blick voller Sehnsucht nach oben, dem wärmenden Licht der Sonne entgegen. Ein gewaltiges Naturschauspiel, das seinesgleichen sucht.

Die Schönheit der Bergwelt ist einfach atemberaubend. Alpenglühen am Abend, Frische und Klarheit am Morgen.

Ein Gemälde von Caspar David Friedrich? Diese Morgenstimmung auf dem Weg zum Zugspitzgipfel hätte ihn sicherlich fasziniert. Leinwand aufgestellt und Pinsel gezückt! Niemand konnte derartige Stimmungen besser einfangen als dieser begnadete Romantiker.

Der Lohn für die Überwindung von 2.200 Höhenmetern: grandiose Aussichten von Deutschland’s höchstem Berg. Wer Geld hat, fährt mit Seil- oder Zahnradbahn; doch ist’s im Leben mit viel Klugheit und Bedacht so eingerichtet, dass man sich schöne Gefühle erst einmal verdienen muss. Um 5:15 Aufbruch mit dem Radl in völliger Dunkelheit, um 12:15 nach 7 Stunden oben. Kein bißchen müde, Glücksgefühle!

Warum heißt die Zugspitze eigentlich Zugspitze? Weil ein Zug hinauffährt? Dann hätte der Berg noch vor 100 Jahren anders geheißen. Niemand konnte mir die Antwort sagen. Weiß es wer?

Lebensfreude pur – in anmut’ger Natur!

Einen ganzen Tag eintauchen in die Schönheit einer höheren Welt: was König Ludwig der Zweite von Bayern unter großen Schwierigkeiten in den Ammergauer Bergen erbauen ließ, ist heute ein unermessliches Geschenk an diejenigen Menschen, die Augen haben, zu sehen . . . Die Schönheit seiner Seele spiegelt sich wieder in den lieblichen steinernen Bauten und der anmutig gestalteten Natur; der Geist längst vergangener Inkarnationen durchweht das maurische Refugium oder das orientalische Brunnenhaus genauso wie die altgermanische Hundinghütte, in deren Mitte die vom Siegfriedschwert durchbohrte Weltesche aufragt. Ist es ein Märchen oder ist es wahr?

In dem Komponisten Richard Wagner hatte der König endlich einen Seelengefährten gefunden; jemand, der ähnlich fühlte und dachte, jemand, der ihn verstand, und mit ihm jene unstillbare Sehnsucht nach einer besseren und schöneren Welt teilte, die den empfindsameren Naturen zu eigen ist. Der König verinnerlichte die Werke Richard Wagners so sehr, dass er eins mit ihnen wurde; vor allem in der Gestalt des Parsifal fand er sich wieder – dem tugendhaften jungen Ritter, der den Weg der Selbsterkenntnis und Selbstvervollkommnung beschreitet, bis er sich endlich als würdig erweist, die Wunde des siechen Gralshüters, dem tödlich verwundeten König Amfortas, zu schließen – und damit der Macht des Todes für immer ein Ende zu setzen. Wunderbare Zeugnisse von König Ludwig’s Liebe zu Richard Wagner sind die im Schloßpark errichteten Inszenierungen wie die Venusgrotte, die Einsiedelei des Gurnemanz, und die Hundinghütte.

Wer Wagner’s Musik liebt, sollte sich ein wenig Zeit nehmen, und sich in der Hundinghütte niederlassen. Ich habe dort Teile aus der Götterdämmerung (Ring des Nibelungen) gehört, und es geht mir durch und durch, wenn ich nur daran denke. Diese Gefühlsintensität und die Unmittelbarkeit des Erlebens gehören zu den unwiederbringlichen Glücksmomenten unseres Daseins, und der Zauber eines solchen Ortes wirkt durch Raum und Zeit. Wie sagte einst der junge König, lange vor den ungeklärten Umständen seines Todes: „Ich möchte mir selbst und der Welt auf ewig ein Rätsel bleiben.” Was er sich ausbedungen, vollkommen ist’s gelungen. Und uns bleibt nur ein ahnungsvolles Staunen, in Ehrfurcht und in Dankbarkeit.

Schöne Tage waren es, bunt und abwechslungsreich wie ein spätsommerlicher Blumenstrauß, und schon dreht sich mit Schwung und Elan das Rad des Lebens weiter. Ein neuer Anfang im Alltag ist gemacht, verbunden mit dem Wunsch, dass es besser gelinge als bisher. Und vor allem eines: mit der Energie, die ich mitgebracht habe, schonend und vorsichtig umzugehen, damit sie mich lange trägt.




Energie aus dem Blauen - mein 17212. Tag


enn ich Geld richtig anlege, dann trägt es Zinsen. Geld richtig anlegen heißt für mich: sicher und nicht spekulativ. Auch seelisch richtiges Verhalten und gute Entscheidungen werden verzinst, und das ist täglich sicht- und fühlbar: am deutlichsten an der Qualität des Schlafs, und infolgedessen am Maß der Energie und den Gefühlen beim Erwachen. War ich gestern ein „Bengel”, bin ich müde, lust- und freudlos beim Start in den Tag; war ich ein „Engel”, dann strahle ich vor Freude, und könnte die ganze Welt umarmen.

Aber auch an kleinen, unscheinbaren Dingen kann man seine alltäglichen „Verzinsungen” erkennen. Gestern erliess mir mein Obst- und Gemüsehändler beispielsweise die Hälfte des Preises für eine wunderbar ausgereifte Papaya. Danke! Da frohlockt das Herz. Für den Gemüsehändler hatte diese Frucht schon die Hälfte des Wertes verloren, weil sie sehr weich war, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie noch von irgendjemand gekauft würde, gegen Null ging. Glück für mich! Denn je besser eine Frucht ausgereift ist, desto wertvoller ist sie für die Gesundheit und den menschlichen Körper (auch wenn sie dann vielleicht nicht mehr so ansehnlich ist). Und darum geht es mir, wenn ich Nahrungsmittel kaufe, ist doch logisch, oder?

An diesem Beispiel zeigt sich wieder einmal deutlich, dass die meisten Menschen mehr auf die äußeren, und weniger auf die inneren Werte achten. Unreife Bananen, grüne Ananas. Optisch perfekt. Für den Körper eine Qual. Schein oder Sein? Das ist hier, wie immer, die Frage. Shakespeare lässt grüßen, und auch der Bauch. Der war so glücklich mit dieser Papaya, und der ganze Körper tanzte vor Freude, als ich sie gegessen hatte.




Sehen, was läuft . . . - mein 17207. Tag


as läuft heute im Fernsehen? Darüber sind erstaunlich viele Menschen genauestens im Bilde.
Doch was läuft heute in meiner Tagesschule? Wie genau bin ich darüber im Bilde? Das entscheidet sich an meiner Wachheit und Bewußtheit, mit der ich durch den Tag gehe.

Ich erlebe eine Frau beim Einkaufen. Sie wird bedient, und muss nichts tun, als nur ihre Einkaufswünsche zu äußern. Ihre mitgebrachte Gemüsebox füllt sich rasch, und nun geht es an die eingelegten Köstlichkeiten an der Frischetheke. „Oliven?” – „Ja, von denen!” – „Gut so?” – „Ja, das sind genug.” Ihr Blick schweift zum Fenster hinaus. Sie bemerkt nicht, dass der Händler das Behältnis mit den Oliven noch mit einer Extraportion Olivenöl auffüllt, ohne es zu berechnen – natives Olivenöl ist eine kostspielige Sache – und damit Energie aus dem Blauen geschenkt bekommt, liebevollst weitergereicht, unbemerkt, unbedankt, schade! Tagträumerei ist eine Gefahr für die Seele, weil man zu wenig von dem mitbekommt, was um einen herum wirklich läuft.¹

Die seelische Schulung (Fachausdruck: Tagesschule), die wir den Tag über erleben, ist dazu gedacht, uns ideale Fortschritte in unserer persönlichen Entwicklung zu ermöglichen; sie vermittelt uns Denkanstöße und Lernimpulse, die uns letztendlich helfen sollen, bessere Entscheidungen zu treffen. Damit sind nicht unbedingt große, weltbewegende Entscheidungen gemeint, vielmehr die hunderten von kleinen, alltäglichen, unbedeutsam erscheinenden Situationen, die in der Summe unsere seelische Entwicklung jeden Tages bestimmen – je nachdem, wie wir in solch unscheinbaren Situationen entschieden haben.

Ein Beispiel soll das verdeutlichen: es ist spätabends, ich bin hundemüde, und von den Problemen bei der Arbeit frustriert. Meine Augen stöhnen noch immer von der Überanstrengung durch stundenlange Bildschirmsitzungen. Meine Gefühlslage ist alles andere als ausgeglichen. Ich will noch irgendetwas anderes sehen, erleben, spüren – etwas, was der Seele gut tut. Ein Buch mit Gedichten aufschlagen? Oder eines mit schönen Bildern?

Wie werde ich entscheiden? Die überstrapazierten Augen noch einmal arbeiten lassen? Bin ich bereit, danach zu fragen, was jetzt, in solch einer Situation, wirklich zu tun ist? Wenn ich frage, dann kommt auch umgehend die klare Antwort: „Geh’ schlafen, mein Kind, sofort und ohne Umschweife, dann werden wir dich und deine Augen reparieren!” Aha. Soso. Jetzt habe ich sie, die Antwort, und es ist die universelle Wahrheit für genau diese eine Situation. Und nun, was tun? Habe ich genügend Demut, um mich der Wahrheit zu beugen? Oder muss mich das Leben beugen, durch eine schlaflose Nacht beispielsweise, wie ich es häufig erlebe, wenn ich überwiegend mein großes Ego – mein kleines ich – durchzusetzen versuche? Ich habe alles ausprobiert, und komme immer wieder zu demselben Schluß: Die da oben sind stärker als ich. Ich tue mich erheblich leichter, wenn ich mit ihnen arbeite, und nicht gegen sie. Das heißt, mich der höheren Vernunft zu fügen – und mich führen zu lassen, Schritt für Schritt. Ich habe genug davon, blindlings durch den Tag zu stolpern, und mir immerfort Blessuren zuzuziehen (die sogenannten Mißgeschicke, siehe entsprechenden Kategorieeintrag). Das muss nun wirklich nicht sein – wenn wir im Einklang mit den Lebensgesetzen handeln.

¹ Diese Tagesschule hätte, wenn sie bemerkt worden wäre, der Frau die Gelegenheit gegeben, ihr Talent der Dankbarkeit zu vergrößern. Obwohl sie es nicht bemerkte, bekam sie ein klein wenig Energie aus dem Blauen – für eine gute Entscheidung, die sie bereits am Vortag getroffen hatte. Wieviel mehr hätte sie jedoch seelisch profitieren können, wenn sie den kausalen Zusammenhang zwischen der Entscheidung des Vortages und der Belohnung des darauffolgenden Tages erkannt hätte! Tagesschule erkennen macht Ihre Seele intelligenter – es gibt nichts, was mehr lohnt.




Die kleinen netten Überraschungen - mein 17204. Tag


ie freuen wir uns im Alltag über die kleinsten Begebenheiten, die uns Anlass geben, einmal die gewöhnliche Routine zu unterbrechen!
Nein, es müssen wirklich nicht die großen Dinge sein, die uns Abwechslung verschaffen, und somit unser Gemüt erfrischen. Eine Monatsabrechnung für Internet- und Telefonnutzung tut es auch. Aua, das tut weh – und sie flattert auch ausgerechnet nach einer ausgedehnten Internetsitzung in den Briefkasten, den elektronischen – papierlos natürlich, da kommen wir dem Versorgerunternehmen großzügig entgegen.

Ein schöner Spiegel ist das, und wir bezahlen brav für die verpuffte Energie, für die endlosen Wartezeiten, für die Nervenbelastung und den Ärger mit fehlerhaften und inkompatiblen Webseiten, und — nichts mehr; die Aufzählung nähme sonst kein Ende. Haarsträubend ist es, was einem in der bunten Online-Welt alles widerfahren kann. Und nun darf ich auch noch Schmerzensgeld dafür bezahlen! Grummelnd und zerknirscht gehe ich außer Haus. Die reale Welt hat mich wieder. Ich bin unterwegs zum Thermalbad, und nicht gerade in einem wohlgeordneten äußerlichen Zustand; in der vagen Hoffnung, dass mir kein bekanntes Gesicht begegnet.

Doch etwas anderes begegnet mir. Was sehe ich da? Die Nummerntafel eines Fahrzeugs ist es, die mir geradezu in die Augen springt. Und endlich gibt es wieder was zum Schmunzeln: KA – MM … – das ist doch nicht etwa eine Aufforderung an mich? Zugegeben, mit langer wehender Künstlermähne ist man manchen Zeitgenossen schon ein Dorn im Auge. Verzweifelt fahre ich durch die Haare; hoffnungslos! Sie fallen in alle Richtungen, und lassen sich wirklich in kein Schema pressen. Doch werde ich nicht aufgeben; den letzten zwei zerbrochenen Pferdekämmen zum Trotz. Geeignet wäre ein Stahlkamm mit einem Zentimeter breiten Zwischenräumen, denn sonst komme ich durch meine Haare nicht hindurch. Momentan behelfe ich mir mit einer Gabel, rostfrei, aus Solinger Edelstahl, doch die ist momentan nicht griffbereit. Und abschneiden kommt auch nicht in Frage, weil mir die Drahtantennen auf dem Kopf den Empfang der Intuition erleichtern – und das hat höchste Priorität!

So spielt das Leben mit uns Katz und Maus, und das spiegelt sich in all den Eulenspiegeleien, die wir selber Tag für Tag von neuem aushecken. Tagesschule nennen wir das, und sie ist zu nichts weiters nutze, als dass wir sie beobachten, und, unser wahres ICH erkennend, aus ihr lernen; denn die Streiche, die wir schon von Kindesbeinen an beherrschten, nehmen nicht so leicht ein Ende. Jede Zeche muss bezahlt sein, bis auf den letzten Heller, wie wir aus Erfahrung wissen – und bliebe der Teller fortan leer, so hätten wir ein wichtiges Ziel erreicht: uns still und friedlich mit dem zu bescheiden, was wirklich in unserem Leben ansteht, und Tag für Tag zu tun ist. Nicht mehr, und nicht weniger, keine Ablenkungen, keine Abenteuer – denn diese Abende, wo man sein kleines Ego durchsetzt, und tut, was man gerade tun möchte, sind immer teuer zu bezahlen, im wahrsten Sinne des Wortes: ein teurer Abend war’s, ein wahres Aben(d)teuer – ich muss nur auf die Telefonrechnung schauen.

Auch wenn Sie es möglicherweise nicht so gerne hören – die höhere Vernunft im Universum erzieht uns mittels intelligenter Lebensgesetze zum „brav sein”, und es führt kein Weg daran vorbei – wir alle müssen mit der Zeit zu „Engeln” werden. Apropos, können Sie schon singen?

Zwei betende Engel, von William Blake gemalt; geheimnisvoll sind seine Werke, mystisch auch seine Dichtungen, unendliche Wahrheiten verkündend. Er nahm die Verinnerlichung der Romantik vorweg. Seine Bilder sind durchweg inspiriert; wir bewundern den Aufbau seiner Kompositionen, die sich zu einer Apotheose des Glaubens fügen: sich im Gebet einander zuneigende Engel formieren sich symbolisch zu den bittend aneinandergelegten Händen, die gen Himmel gerichtet sind. Wir sollten es uns zu Herzen nehmen – und keinen Tag ohne positiven Wunsch verstreichen lassen!




Turbinen im Wald - mein 17184. Tag


m Laufe eines stressigen Arbeitstages lässt man eine gehörige Portion Energie auf der Strecke; oft sind die Batterien abends vollkommen entleert, und bedürfen dringend der Aufladung – doch wo sind die „Steckdosen” für Körper und Geist zu finden?
Für mich gibt’s da nur eines: nach der Versorgung des Körpers mit einer aufbauenden Abendmahlzeit und den notwendigen Aufräumarbeiten in der Küche geht es hinaus in den Wald — frische Luft, Bewegung, Ausgleich, Säureabbau, Wohltat! Doch hier draußen, am lebendigen Puls der Natur, gibt es noch sehr viel mehr zu entdecken. Ich habe da so meine Bäume. Eine davon, eine Buche, wie sie im Buche steht: eine Zwillingsbuche, um genau zu sein, wie von einem Titanen gespalten, mächtig dem Himmel zustrebend, und unumstößlich tief in der Erde verwurzelt. Ihre Rinde fühlt sich wie eine vernarbte Elefantenhaut an, und mit ausgespreizten Armen kann ich gerade den halben Umfang der Zwillingsstämme umfassen. Die Handflächen sanft aufgelegt, und – still! Ich konzentriere mich ganz auf meinen Körper. Ich versuche, langsam, entspannt und tief zu atmen. Zauber? Magie? Einbildung? Ich spüre, wie mein Körper leichter wird. Nach einigen Minuten merke ich, wie sich die Haut an meinen Fingerkuppen strafft, so, als ob ein erschlaffter Schlauch aufgepumpt wird. Ich fühle mich wie neugeboren! Meine Stimme hat wieder Energie; ich verspüre Freude und Lust zum Singen; was für ein Gegensatz zu meiner Stimmungslage noch vor wenigen Minuten!
Wer erschöpft ist, muss neue Kraft schöpfen. Das wussten sie, die Holzfäller, als sie noch ohne Motorsägen ihrer schweißtreibenden Arbeit nachgingen. Von Zeit zu Zeit stellten sie ihre Axt zur Seite, und stellten sich mit dem Rücken an einen Baum – um sich aufzuladen, mit der Energie, die der Baum mit seinem weitverzweigten Antennenwurzelwerk aus dem geomantischen Strahlengeflecht der Erde einfängt, und, tausendfach verstärkt, weitergeben kann – an den, der dankbar und in Ehrfurcht ihm entgegentritt. Mein Freund, der Baum . . . auf dass er lange mir erhalten bleibe!