Demut - mein 17381. Tag


edesmal, wenn ich meine Wohnung verlasse, trete ich unter einem Bild hindurch, das über meiner Eingangstür hängt. Doch längst nicht jedesmal tritt mir das Bild auch ins Bewusstsein, denn häufig eilen meine Gedanken den Füßen voraus, und sind mit allerlei Planungen und Überlegungen beschäftigt. Doch mehr und mehr gelingt es mir, entspannt und wach im „Hier und Jetzt” zu sein — weil ich für meine Vorhaben immer öfter eine großzügige Zeitreserve einplane — und dann richte ich den Blick nach oben zu besagtem Bild, das mich immer wieder mit seinen Farben und Formen erfreut. Eine Gestalt, die auf dem Boden kniet, und demütig bittend die Hände emporhebt — ein Werk der Grazer Künstlerin Karin Wimmer, die auch heute noch, in unserer vollständig digitalisierten Pixelwelt, virtuos mit Pinsel und Leinwand umzugehen versteht. Danke, Karin, für Deine großherzige Einwilligung zur Veröffentlichung!

Die Künstlerin schreibt zu ihrem Bild folgendes:

Mein Anliegen ist es, durch die Schönheit der Farben und Formen
davon zu künden, was die Seele berührt, was darüber
hinaus geht und was mit Worten nicht
beschrieben werden kann:

  • Die Freude und das Einssein im Schaffen.
  • Die Ehrfurcht, das Staunen und das Atmen mit der Schöpfung.
  • Die Kraft, das Talent, die Größe durch den Schöpfer.

Ein lichtes Demutsbild hat uns diese Künstlerin geschenkt, und wenn mein Auge es beim Verlassen der Wohnung streift – und meine Seele es gebührend würdigt – so trage ich es mit mir im Herzen, und gehe dann ganz anders durch den Tag. Vieles erlebe ich bewusster, und wenn es oft auch nur ganz kleine Dinge sind, denen ich für gewöhnlich keine weitere Beachtung schenke. Beispielsweise der Begegnung mit einer umgestürzten Fichte, die mir auf einem Abendspaziergang den Weg versperrte, und mir dadurch ermöglichte, die Elastizität meines Rückgrats zu überprüfen. Ganz hinunter musste ich mich bücken, auf den Zehenspitzen balancierend, und den Kopf einziehend, kam ich gerade drunter durch. Freiwillig nehmen wir ja solch eine Körperstellung ungern ein, denn sie macht Mühe; in der Frühe ganz besonders, wenn wir noch steif und unbeweglich sind.

Gerade weil wir die Demutshaltung nicht sehr mögen, hilft uns das Leben fleißig nach. Es beugt uns immer wieder, damit wir nicht aus der Übung kommen; denn schließlich gilt es zu lernen, sich der höheren Vernunft im Universum unterzuordnen. Ein probates Mittel, um uns Menschen zur Demut zu führen, sind Gefühle. Erleben wir ungute Gefühle, dann sollten wir ihnen auf den Grund gehen, denn wir sind auf allen Ebenen, und so auch hier auf der Erde, als dauerhaft glückliche Menschen geplant. Ein Beispiel aus meiner Tagesschule soll das verdeutlichen.

Tagesschule vom vergangenen Donnerstag, Tagesthema: Demut

Mein Unterrichtstag erwartet mich, der Tag ist durchgeplant, ich bin mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, und muss nach dem Unterricht noch meinen Wocheneinkauf erledigen. Schätzungsweise gegen 19:00 Uhr werde ich wieder zu Hause sein. Alles läuft nach Plan, ich kaufe abends in Ruhe ein, gehe vollbepackt zum Bahnhof, in der Gewissheit, dass alle 30 Minuten ein Zug fährt, zur vollen und halben Stunde. »Ich habe also noch 20 Minuten bis zum nächsten Zug«, so denke ich, »schön, dass ich mich nicht beeilen muss«. Am Bahnsteig angekommen, studiere ich den Fahrplan. Beim Überfliegen bestätigt sich der 30-Minuten-Takt — doch was seh’ ich weiter unten? Nach 18:00 Uhr verlängert sich der Takt auf eine volle Stunde. Meine Mundwinkel verziehen sich nach unten. »Noch eine geschlagene Dreiviertelstunde!« Ich stehe in der Winterkälte, und warte. Der Zug kommt und kommt nicht, doch dafür der Hunger. Mit aller Gewalt und Macht. Er bewältigt sich meiner, dass mir ganz elend wird. Ich bin unglücklich und erschöpft. Mit Grauen denke ich daran, dass ich die Einkäufe noch meinen Hausberg hinaufkarren muss.

»Warum stehe ich da, und erlebe solche unguten Gefühle?« 45 Minuten habe ich Zeit geschenkt bekommen, um mich das zu fragen. Hat das etwas mit Demut, meinem heutigen Tagesthema, zu tun? Ich gehe hin und her und frage, immer wieder nach dem Wieso und Warum, doch das Universum schweigt. Bis zum nächsten Morgen. Nach dem Erwachen kommt die Antwort: »Du hast gestern Vormittag nicht auf deine Hungergefühle gehört, und das Mittagessen verschoben. Deshalb haben wir dein Abendessen um eine Stunde verschoben, und dich mit Hungergefühlen attackiert.« Tatsächlich, ich hatte schon weit vor 11:00 Uhr Hunger bekommen, und hätte nur die Arbeit früher abbrechen müssen. Was kümmert mich das, ob andere „Büromenschen” erst um 12:00 Uhr Mittag machen? Die Mittagspause ist dieselbe, ob eine Stunde früher oder später. Doch mir hilft sie um so mehr, je früher sie ist. Früher essen macht gesünder. Ich bin mein eigener Herr, so kann ich dafür sorgen. Doch das erfordert Demut.

»Danke, ich hab’s kapiert!« Jetzt bin ich wieder mit mir selbst im Reinen, und mir vergeben, das fällt leicht. Und schon heute kann ich die Erkenntnisse aus meiner Tagesschule in die Praxis umsetzen.

Zugegeben, demütig sein, das kostet Überwindung. Lassen wir uns doch einfach helfen! Das Universum ist unendlich selbstlos, wenn wir es um Hilfe bitten. Am besten jeden Morgen, gleich nach dem Erwachen, in der Dunkelheit – wenn wir noch ganz bei uns sind – denn da ist unsere Wunschkraft stark und ungebrochen. Jetzt, in der finstern Jahreszeit, sehnt sich unsre Seele umso mehr nach Licht. Demut ist der Weg, der direkt hineinführt, in die Lichtstrahlen der Liebe.

Ich habe bei der Digitalisierung des anfangs gezeigten Demutsbilds ein wenig an den Hebeln und Schaltern meiner Bildbearbeitungssoftware herumgespielt, denn es macht mich glücklich, zum Kind zu werden, das im Sandkasten herumtoben darf. Zu dem Ergebnis äußerte die Künstlerin, die das Original schuf, nachfolgende Gedanken.

»Es sieht jetzt aus wie ein Acryl-Tusche-Bild – dreidimensional im Auftrag der Schichten – die Farben sind sehr interessant. Es sind beinahe die Komplementärfarben. Ich habe mir sagen lassen, dass gelb-orange-rot die männlichen Farben seien und türkis-blau-violett die weiblichen. Optisch verbinde ich Licht mit warmen Farben, daher habe ich die gelb-orange-rot-Töne gewählt. Hingegen das innere Licht – Spiritualität – wird mit den türkis-blau-violetten Tönen ausgedrückt. Die Chakrenfarben bezeichnen auch diese Qualität. Wie interessant – finde ich – dass Du das Bild in diese Richtung wandelst. Für mich – wenn ich es deuten darf – die Demut, der inneren Stimme gegenüber, wird noch bewusster. Wie wenn es außen Nacht wäre – dadurch wird das weiße, etwas rosa gefärbte Licht, das auf der Erde golden wirkt, deutlicher . . .«

Intuitiv führte kindliche Neugierde meine Hand – dagegen erkennt die sachkundige Künstlerin mit klarem, geschultem Malerauge verborgene Zusammenhänge, und spricht sie aus. Danke, Karin.

Fassen wir zusammen, was Demut heißt:

der inneren Stimme gehorchen.

Und wenn Sie ab und an in Situationen geraten, die es Ihnen schwer machen, demütig zu handeln, so denken Sie immer daran:

»Trutzige Stämme gedeihen am Wind.
Ist der Weg einfach, verkümmert das Kind.
Steiniger Boden macht fleißig und froh,
du lernst dich bücken,
und weißt auch wieso . . .«

Das ist ein Walliserspruch, und gerade für die Schweiz lässt sich mit Fug und Recht behaupten: „viel Steine gab’s und wenig Brot”. Doch die Schweizer haben aus der Not eine Tugend gemacht. Sie haben seelischen Fleiß entwickelt, und haben ihr Land zu einem Paradiesgärtlein gemacht. Niemals in ihrer Geschichte haben sie anderswo nach „grünerem Gras” gesucht. Sie haben ihr Feld bestellt. Worauf warten wir noch?




Quellenkunde - mein 17301. Tag


uelle ist tot. Die Kuh, die schon länger kaum mehr Milch von sich gab, wird nun endgültig geschlachtet. Der Ausverkauf läuft auf vollen Touren. Aus und vorbei, der Traum von einer gesicherten Zukunft – für tausende von Mitarbeitern und zahlreiche Dienstleister, die dem Versandhaus, eine Institution seit Jahrzehnten, zugearbeitet hatten. Ein Alltagsfall, wie jede andere Insolvenz auch? Ja und Nein. Es ist das Symptom einer Krankheit, an der Millionen von Menschen bei uns leiden: ein Virus mit dem Namen „Undankbarkeit”. Die Schnäppchenjäger grüßen.

Am Samstagmorgen um sechs Uhr in der Früh’ begann die Schlacht um die günstigsten Angebote; schon kurz darauf gingen die Server in die Knie. Innerhalb kurzer Zeit legten Millionen von Anfragen das Netzwerk lahm, und das, obwohl die Netzwerktechniker in weiser Voraussicht die zur Verfügung stehende Hardware aufgestockt hatten.

Prozente!   10%! 20%! 30%!   Darf ’s noch ein bißchen mehr sein? Wir haben uns doch längst an den Rabatt von   70%!   gewöhnt, wie er beim Sommerschlußverkauf seit Jahren gang und gäbe ist. Das Resultat ist ein gewaltiger Scherbenhaufen: Überschuldung und eine aufgeblähte Wirtschaft, die sich gesundschrumpfen muss, bis wieder ein vernünftiges Maß erreicht ist. Bluten muss bei diesem Prozess die ganze Gesellschaft, auch derjenige, der mit seiner zur Verfügung stehenden Energie nicht zur allgemeinen Schuldenanhäufung beigetragen hat. Entscheidend ist die Frage: lernen wir aus der Misere irgendetwas dazu, oder nicht? Wir müssen die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung vollkommen verstehen, wenn wir es in Zukunft besser machen wollen.

Dankbarkeit und Wertschätzung heißen die Werte in unserer Seele, die wir von neuem lernen müssen. Wer nicht bereit ist, einen angemessenen Betrag für ein Produkt zu bezahlen, kann weder die Rohstoffe, noch die Mühe, geschweige denn die Arbeitszeit oder gar die gesamte Lebensenergie, die in einer Ware stecken, wirklich schätzen.

Fehlende Wertschätzung für das, was man hat – auch wenn es im Materiellen vielleicht gering erscheinen mag – führt mit der Zeit dazu, dass man immer mehr haben möchte. Dieser Hunger ist unstillbar, und kann sich bis zur Konsumsucht ausweiten. Katalogblättern, Einkaufsbummeln, Shoppen gehn? Das kann nicht funktionieren. Man versucht sich damit eine Ersatzbefriedigung zu verschaffen, doch die innere Undankbarkeit, sie bleibt – und die Seele leidet weiterhin.

„Shoppen” wirkt wie eine Tablette. Man wirft sie bei Beschwerden ein, und betäubt damit die Schmerzen für eine gewisse Zeit. An den Ursachen der Schmerzen verändert das Betäubungsmittel allerdings nicht das geringste.

Menschen, die diese unersättliche Gier nach mehr entwickeln, beginnen dann oft, Ausgaben auf Pump zu bestreiten – in der trügerischen Hoffnung, dass sich an ihrer persönlichen Situation schon nichts verändern werde. Doch Leben ist ein dynamischer Prozess, und stetige Veränderung ist das Kennzeichen jeglicher Weiterentwicklung – das Universum duldet niemals Stillstand, denn es müsste daran zugrunde gehen (Urgesetz)!

Auf Pump finanzierte private Ausgaben sind also genauso wie kreditfinanzierte wirtschaftliche Investitionen eine Spekulation auf die Zukunft, ausgehend von der momentanen Situation. Spekulieren ist jedoch äußerst riskant und deshalb unerwünscht im Universum — denn Sicherheit und Geborgenheit stehen dort an allererster Stelle. Das ist auch der Grund, weshalb jegliche Erwartungshaltung enttäuscht werden muss, und so kommt es immer anders, als man denkt. Schnell sitzt man dann in der Bredouille.

Glauben Sie etwa, dass nur das System, die Wirtschaftsmanager, oder die Politiker die Verantwortung für die gegenwärtige Situation tragen? Irrtum! Sie handeln vollkommen gemäß unserer Stärken und Schwächen, als getreues Spiegelbild der Gesamtheit aller seelischen Entscheidungen aller Staatsbürger. Steht nur ein einziger Staatsbürger privat in der Kreide, so muss auch der gesamte Staat in der Kreide stehen. Wie unten, so oben – wie innen, so außen – Mikrokosmos gleich Makrokosmos – eine uralte Erkenntnis, die sich in allen Erscheinungen unseres Daseins wiederspiegelt.

»Tausend Wünsche, eine Quelle?«

Ein weiser Spruch, den da findige Werbetexter für den ehemaligen Katalogriesen kreiert haben, und wir sollten ihn uns zu Herzen nehmen: für all unsere Wünsche gibt es nur eine einzige Quelle, und das ist die, aus der alles Lebendige entspringt – GOTT, der Urgrund allen Seins. Wenn unsere Quellen derzeit mehr und mehr versiegen – die Finanz- und Wirtschaftskrisen halten uns den Spiegel selbstsüchtigen Verhaltens vor – so ist es an der Zeit, unsere Einstellungen und Verhaltensweisen gründlich zu überprüfen. Treffen wir die notwendigen Veränderungen, noch bevor alle Quellen zum Erliegen kommen! »Wer die Stunde des rechten Lebens hinausschiebt, gleicht nur dem Bauern, der darauf wartet, dass der Fluss versiegt, ehe er ihn überquert«. So schrieb der römische Dichter Horaz schon vor gut zwei Jahrtausenden.

Dankbarkeit ist eine Tugend, und dankbarer werden kann man für so vieles, so klein es auch sei. Machen Sie Dankbarkeit zu Ihrer Herzenssache! Erst mit Dankbarkeit im Herzen erschließt sich uns die ganze Fülle unseres Daseins, und dann läuft sie wieder, unsere Quelle, an deren Tropf wir unumstößlich hängen; munter sprudelt sie, in einem fort — für den, der »Danke!« sagen kann.




• Bitte lächeln • - mein 17288. Tag


eute will ich Ihnen von einer Begegnung mit zwei Menschen aus der ehemaligen DDR erzählen, die nun schon einige Wochen zurückliegt, und über die ich lange nachgedacht habe. Diese Begegnung fand an einem eben so schönen wie ungewöhnlichen Ort statt: auf einer bayrischen Hochalm im Liegestuhl vor dem herrlichen Panorama der Alpspitze, deren ebenmäßige Pyramidenform die Strahlungswellen aus dem Kosmos reflektiert, und bis hinüber in das Ammer- und das Estergebirge wirft; schützend hält sie ihre Hand – über’s ganze Land, das sie um fast 2.000 Höhenmeter überragt.

 

Ich hatte gute eintausend Höhenmeter mit dem Radl hinter mir, und Hunger wie ein Wolf. Mein Proviant war etwas spärlich ausgefallen, in der Hoffnung, die Last auf meinem Rücken etwas zu verringern. So war ich denn heilfroh, dass ein älteres Ehepaar auf den benachbarten Liegestühlen, zwee waschechte Bälinää, mich sogleich als notorischen Hungerleider ausjekiekt hatten.

„Brich mit dem Hungrigen dein Brot”, so fordert es die christliche Barmherzigkeit, und diese beiden haben reichlich es an mir getan – obwohl sie sich, wie später ich erfuhr, als überzeugte Atheisten offenbarten.

Die lebhafte Frau, die mich beiläufig nur gefragt hatte, «wat icke denn so mache», war jantz hin und wech, als sie vernahm, dass ich ausgebildeter Kirchenmusiker sei. Die Lunte war gelegt; unser Gespräch gewann an Tiefe. Nachdem ich Schweinshaxe und Rippchen dankend abgelehnt hatte, und mir statt dessen Käse, Radi und die Petersilie gut munden ließ, musste ich erst einmal mein ganzes Leben auf der Hochalmwiese ausbreiten: «wie kommt een vernünftijer junger Mann wie Sie dazu, keen Tierchen mehr zu essen? Also, dat versteh ick ja nu wirklich nich.» So hörten Sie andächtig zu, und ernster wurden ihre Mienen. Als nun die Vorzüge fleischloser Kost erschöpfend abgehandelt waren, betraten wir, und just zu diesem Zeitpunkt war es nur ein kleiner Schritt, den Boden, der voll Tücke ist – denjenigen des Glaubens und der Religion. «Nu’ saachen se mal, warum lächelt denn der Jesus nie an seinem Kreuz? Det is ja wirklich fürchterlich! Wir ham vor kurzem eene Kirchenführung mitjemacht, un ooch der Führer konnt es uns nich’ sagen». – «Ja, warum lächelt denn der Jesus nicht, am Kreuz, das wir ihm schlugen? Hätten Sie denn an seiner Stelle wohl gelacht?» – Ich konnte dieser Frau keine befriedigende Antwort geben.

Inzwischen kann ich diese beiden sehr viel besser noch als damals auf der Alm verstehen; sie haben mir enorm geholfen, die Mentalität der Menschen aus der ehemaligen DDR besser zu begreifen. Diese vierzig Jahre hinter Mauern waren für die Menschen, die dort inkarnierten, eine Vorbereitung auf das, was damals sie – vom Sozialsystem umsorgt – kaum kannten, doch heute um so mehr beherzigen müssen: Eigenverantwortung im Denken und Entscheiden, Entscheidungen dann gründlichst hinterfragen – sich selbst auf beide Hinterfüße stellen, sich frei machen von jeglichen Erwartungen – und endlich bei sich selbst anfangen, wenn’s denn nachhaltig besser werden soll.

Und Jesus, warum lächelt er denn nicht? Weil viele Menschen ihn, den Freudenspender, voller Fröhlichkeit im off’nen, weiten Herzen, immer noch so gern als Leidensträger sehen wollen. Herrjeh, zerknirschte Sünder! Am Kreuz ist er gestorben, damit uns unsre Sünden all’ erlassen sind – auf dass du bleiben könntest, wie du bist, mein allzu blau geäugtes Kind? Ein Irrtum, der dem Gang der Geschichte für Jahrhunderte ein unverwechselbares Antlitz gab – ein häßliches, gequält und schmerzverzerrt.

Jesus Christus ist nicht für uns, sondern wegen uns gestorben. Die Dornen, die man ihm auf’s Haupt gewunden hat – sind sie wahrhaftig nicht ein stechendes Symbol der negativen Eigen-schaften, die wir in unsrer Seele tragen? Wir dulden sie oft allzu lange, mitunter gar ein ganzes Leben, und unter ihnen leiden alle Menschen, die mit uns jemals in Berührung kommen. So stellen Sie sich doch nur einmal vor, sie müssten ständig in die Stacheln eines Dornbuschs greifen! Genau so muss es Jesus mit den Menschen seiner Zeit ergangen sein, denn seine Seele war von allen Schwächen frei – und ist’s, und wird’s auch immer sein. Und wir? Wir müssen eines Tages dieses Ziel der Schwächenfreiheit ebenfalls erreichen, es führt kein Weg daran vorbei. Wir müssen unsre negativen Eigenschaften überwinden, um zum wahren Menschsein vorzudringen; begehret nicht, geliebt zu werden, so werdet vielmehr Liebende auf Erden! Mit Fröhlichkeit im Herzen, und Demut obendrein.

Was ist ein Liebender? Ein Liebender ist, wer sich selbst erkennt. Und wem dies immer besser mit der Zeit gelingt, der darf getrost die Dornenkrone an den Nagel hängen.

Jesus lebt, und wir mit ihm! Er ist mitten unter uns. Für uns ist er geboren, zur Freude und als Vorbild. Ihm nachzufolgen, heißt, in seinen Spuren treu zu wandeln. ER geht den Weg uns weit voraus, der stets in allem tut den ersten Schritt.

Vielen Dank, Edgecombe, für deine Inspiration. Leider ist über dich als Künstler nichts im Internet zu finden. Deshalb ein Link zur Inspirationsquelle dieses Bildes: I Asked Jesus.




Randnotizen - mein 17275. Tag


uerst das Wetter: frühlingshaft mild. Hei, hurra, Marienkäfer fliegen, eine Freude – im Oktober! Und sind sie nicht ein kleiner, putziger Glücksbringer? Tragt Glück und Frieden in die ganze Welt hinaus! Doch bringt mir Kunde von ihr mit, zu jeder Stunde. Strom der Liebe, heilend, trage euch auf sanften Schwingen; geselle sich zu ihm auf eurem Wege höchster Segen.

Quo vadis, Menschheit – sag, wo willst du hin? „Aegroto, dum anima est, spes est” – Für den Kranken besteht Hoffnung, solange er atmet (Cicero, Epistulae ad Atticum). Ist nicht der Weg das Ziel, wie wir so schön und oft genug betonen? Doch wenn das Ziel nicht fest und klar umrissen ist, dann geht es auf den Abgrund zu – sind wir denn eine Blinde Kuh?

Da ist Obama einem Treffen mit dem Dalai Lama aus dem Weg gegangen, wie man hört. Aus reiner Rücksicht auf China, wie die offizielle Stellungnahme verlautet. Oder weil er just sein Rückgrat schonen muss? Jeden Morgen in der Frühe schwitzt der Präsident an seinen Trainingsgeräten, und auch Übungen zur Rückenstärkung gehören zum alltäglichen Ritual. Ein Mensch mit Disziplin, weiter so! Das Rückgrat stärken, bringt das was? Nun denn, was hilft ein starker Bizeps? Man lässt gewaltig seine Muskeln spielen, und wenn’s denn sein muss, auch als Polizist der ganzen Welt. Dagegen hilft ein starkes Rückgrat jedem Erdenbürger, sich zu erheben, der Schwerkraft entgegen; und so wird man zu einem wahrhaft aufrechten, das heißt: aufrichtigen Menschen.

Foto: Chris Collins, Margaret Thatcher Foundation (CC-Lizenz)

Drei Buchstaben genügen, um das Ganze in ein Wort zu fassen: MUT! Das ist die Fähigkeit, entschieden NEIN zu sagen, entgegen den Erwartungen anderer Menschen, entgegen dem Druck von familiärer, gesellschaftlicher, politischer, oder – wie in diesem Falle – wirtschaftlicher Seite. Mut ist auf politischer Ebene eine ausgesprochene Rarität; mir fallen da spontan nur Margaret Thatcher oder Gerhard Schröder ein.

An ihrem MUT erkannten wir schon immer die ganz Großen der Geschichte, und nur zu oft ward ihnen ein beschwerlich’ Los beschieden; so brauchten sie ein starkes Rückgrat, um ihr Kreuz aufrecht zu tragen, Jesus Christus eingedenk. Und nun?

Ein neuer Abschnitt hat begonnen, das Zeitalter der Spiritualität. Auch Spirituelles Bewußtsein will entfaltet sein, und deshalb braucht es Galionsfiguren wie den Dalai Lama. Wie kein Zweiter strahlt er Güte und Toleranz aus, und im Umgang mit anderen Menschen offenbart sich seine bewundernswerte Ehrfurcht vor jeglichem Leben. Obama hätte ein Signal setzen können; doch war es noch nicht die rechte Zeit. Amerika muss erst reifen, und jeden wird man schleifen; gründlich und gut – Schlacken und Glut – sie werden verbrannt, denn das ist die Spreu; und übrig bleibt der Weizen, bestes Korn, ohne Dorn.

Weltweiter Friede ist nur eine Frage der Zeit, und wir dürfen ihn nicht erzwingen. Beginnen wir bei uns, in unserem Herzen. Und lassen wir uns vom Weltengetümmel nicht irre machen, denn „ . . . alle Wahrheit durchläuft drei Stufen. Zuerst wird sie lächerlich gemacht oder verzerrt. Dann wird sie bekämpft. Und schließlich wird sie als selbstverständlich angenommen . . .” (Arthur Schopenhauer).

Hier bei uns, in den deutschsprachigen Ländern, die das D-A-CH einer besseren Welt bilden, ist spirituell orientiertes Denken und Handeln bereits dabei, zum Allgemeingut zu werden. Die dritte Stufe, von der Schopenhauer spricht, wird bald erreicht sein. Freuen Sie sich! Sie leben wohl in der spannendsten Epoche aller Zeiten.




Mein 17226. Tag - Weißdorntag


-lichkeit beherzigen!

er hat sie noch im Ohr? Ja, genau, die Herz-Schmerz-Polka, von Peter Alexander einst charmant und spitzbübisch gesungen, und alle Herzen schlugen höher – doch nicht im Dreiviertel-, sondern im Zweivierteltakt; sonst wäre es ja ein Herz-Schmerz-Walzer geworden.
„Herz — Schmerz — und dies und das . . . ach das ist uralt” – was hat denn unsere Gesellschaft nur auf dem Herzen? Wenn ich mich nicht irre, ist Herzinfarkt inzwischen die zweithäufigste Todesursache in unserem Land. Die Wirtschaft lahmt, doch die Firmen, die an der Herstellung von Herzschrittmachern beteiligt sind, boomen. Eine groteske Entwicklung.

Schlager sind sicherlich nicht jedermanns Sache, doch eines kann man dem Meister der leichteren Muse, Peter Alexander, gewiss nicht absprechen: seine entwaffnende Herzlichkeit und sein österreichischer Charme wirken wie ein heilender Balsam auf die gestresste Seele. Kein Witz! Wenn ich seiner Stimme lausche, entspannt sich in mir alles, und ich fühle mich wohl. Und das als klassisch ausgebildeter Musiker. Früher kam dann noch die Einbildung hinzu, die alles verwarf, was sich nicht als würdig erwies, dem Musentempel allerhöchster Kunst anzugehören. Heute sehe ich das viel gelassener. Schön, dass es solch eine unglaubliche Vielfalt gibt, an Musik wie an Kunstschöpfungen aus anderen Bereichen – zeigt es uns nicht in aller Deutlichkeit die Spannweite unserer Fantasie? Fantasie aber ist nichts anderes als die unbegrenzte Schöpferkraft des Geistes. Ein verantwortungsvolles Geschenk an den Menschen.

Doch zurück zu dem, was wir für unser Herz tun können. Die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 – 1179) beispielsweise dachte und handelte da ganz praktisch.

„Das Gute liegt gleich um die Ecke” -
denkt sie, und schneidet von der Hecke
ein Weißdornzweig ab sanft und sacht -
damit er ihr kein Aua macht.

Weißdorn hat nämlich spitze Dornen, und hübsche weiße Blüten im Frühling – daher also sein Name. Seine gesundheiltlichen Vorzüge hat Hildegard in ihren naturheilkundlichen Schriften dargelegt; dem Herzen tut er wohl, lindert dessen Schmerz und Spannung, und fördert einen ruhigeren und gleichmäßigeren Herzschlag. Nun war der Lebensrhythmus vor nahezu eintausend Jahren sehr viel beschaulicher als heute; umso dringlicher sollten wir also heute etwas für die Stärkung unseres Herzens tun – damit es fröhlich weiterschlage im Trubel unserer Zeit. Die Glocken läuten zu Mittag; Zeit für das Mittagessen. Ein grünes Getränk als Aperitif: eine Handvoll frischer Weißdornblätter mit Quellwasser fein gemixt, durch ein Tuch oder feines Sieb filtriert, ist doch einmal etwas anderes. Eine Medizin ohne Risiken und Nebenwirkungen, und dazu noch alkohol- und rezeptfrei. Wohl bekomm’s!